„Existenzanalyse“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K -URV, Freigabe auf Disku
K Text ist Textspende von Alfried Längle, s. Disku-Seite / Einl wikifiz / siehe auch in text verlinkt / +kat
Zeile 1: Zeile 1:
Bezeichnung der psychotherapeutischen Richtung, die von Viktor Frankl zwischen 1926 und 1933 begründet und in der Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse (Wien) vor allem durch [[Alfried Längle]] weiterentwickelt wurde. Mit Existenzanalyse bezeichnete Frankl seinerzeit die Anthropologie und nannte die psychotherapeutische Behandlungsmethode (Praxis) Logotherapie. Die heutige Verwendung des Begriffs Existenzanalyse umfaßt Theorie und Praxis gleichermaßen (Logotherapie gilt als Spezialgebiet der Existenzanalyse für die Sinnthematik).
'''Existenzanalyse''' ist die Bezeichnung für eine psychotherapeutische Richtung, die von [[Viktor Frankl]] zwischen 1926 und 1933 begründet und in der Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse (Wien) vor allem durch [[Alfried Längle]] weiterentwickelt wurde. Mit Existenzanalyse bezeichnete Frankl seinerzeit die Anthropologie und nannte die psychotherapeutische Behandlungsmethode (Praxis) [[Logotherapie]]. Die heutige Verwendung des Begriffs Existenzanalyse umfaßt Theorie und Praxis gleichermaßen (Logotherapie gilt als Spezialgebiet der Existenzanalyse für die Sinnthematik).


Bis 1941 hieß auch die heutige Daseinsanalyse „Existenzanalyse“, R.D. Laing und Sartre verwendeten den Begriff.
Bis 1941 hieß auch die heutige Daseinsanalyse „Existenzanalyse“, R.D. Laing und Sartre verwendeten den Begriff.
Zeile 38: Zeile 38:




''Siehe auch'' [[Alfried Längle]], [[Logotherapie]], [[Viktor Frankl]], [[Portal Psychotherapie]]
''Siehe auch'': [[Portal Psychotherapie]]

[[Kategorie:Psychotherapie]]

Version vom 31. Oktober 2005, 00:54 Uhr

Existenzanalyse ist die Bezeichnung für eine psychotherapeutische Richtung, die von Viktor Frankl zwischen 1926 und 1933 begründet und in der Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse (Wien) vor allem durch Alfried Längle weiterentwickelt wurde. Mit Existenzanalyse bezeichnete Frankl seinerzeit die Anthropologie und nannte die psychotherapeutische Behandlungsmethode (Praxis) Logotherapie. Die heutige Verwendung des Begriffs Existenzanalyse umfaßt Theorie und Praxis gleichermaßen (Logotherapie gilt als Spezialgebiet der Existenzanalyse für die Sinnthematik).

Bis 1941 hieß auch die heutige Daseinsanalyse „Existenzanalyse“, R.D. Laing und Sartre verwendeten den Begriff.

Die Gründung der Existenzanalyse geht auf die gegen den Psychologismus gerichtete Strömung der Psychotherapie zurück, die von E. Husserl ausging und v.a. von K. Jaspers, L. Binswanger, M. Boss und R. May vertreten wurde. In Abgrenzung zur Psychoanalyse Freuds (und der Individualpsychologie Adlers) stellte Frankl neben die auf die Binnendynamik psychisch-triebhafter Kräfte gerichtete „Psycho“-Analyse eine auf die Welt der Werte gerichtete „Existenz“-Analyse und präzisierte ihr therapeutisches Ziel im Begriff „Logo“-Therapie („logos“ = Sinn).

Seit der „personalen Wende“ (1988 - 1990) geht es in der Existenzanalyse neben der Reflexion der Sinnfindung vermehrt um die Themenbereiche der psychischen und personalen Prozesse (Wahrnehmung, Verarbeitung, Haltung [Personale Existenzanalyse], Auseinandersetzung mit den Bedingungen der Welt und der Leiblichkeit), der Beziehung (Selbstbezug, Emotionalität, Begegnung, Dialog, Person), der Motivationsforschung (Grundmotivationen), der Biographie, Entwicklungspsychologie und Psychopathologie.

Der theoretische Hintergrund der Existenzanalyse ist die Existenzphilosophie und Phänomenologie. Haupttheoreme sind daher Erleben, Freiheit (Wille, Wahl, Entscheidung, Einstellung), Subjektivität (Person), Begegnung (Situation), Verantwortlichkeit (Engagement), Selbstwerdung (Akt, Bewährung, Scheitern, Tod), Weltgestaltung, Sinn.

Als Grundlage der Existenzanalyse diente vor allem die philosophische Anthropologie und die Wertelehre M. Schelers.

Existenzanalyse kann definiert werden als eine phänomenologische, an der Person ansetzende Psychotherapie mit dem Ziel, der Person zu einem (geistig und emotional) freien Erleben, zu authentischen Stellungnahmen und eigenverantwortlichem Umgang mit sich selbst und ihrer Welt zu verhelfen. In einfachen Worten: die existenzanalytische Psychotherapie hat zum Ziel, den Menschen zu befähigen, mit innerer Zustimmung zum eigenen Handeln und Dasein leben zu können. Indiziert ist die Existenzanalyse bei allen Formen psychisch, psychosozial oder psychosomatisch bedingter Verhaltensstörungen und Leidenszustände.

Methodik: Die Existenzanalyse arbeitet in erster Linie mit dem Gespräch, wobei eine methodische Offenheit für adjuvante Mittel besteht (Traumarbeit, Imagination, Körperarbeit, kreative Mittel u.a.). Das Gespräch wird dialogisch-begegnend geführt und ist entsprechend den Phasen der Personalen Existenzanalyse kognitiv, empathisch, konfrontativ-konstruktiv und schützend-ermutigend in seinem Stil. Ziel und zentrales Wirkelement der Existenzanalyse ist die Herstellung einer inneren und äußeren dialogischen Offenheit, in der die Person ihre Grundfähigkeiten (gemäß der Personalen Existenzanalyse) zum Einsatz bringen kann und die Grundbedingungen personaler Existenz erfüllt sind (Grundmotivationen). Die bekannteste Technik der Existenzanalyse ist die Paradoxe Intention. Während Frankl den Sokratischen Dialog als Hauptmethode einsetzte, sind es heute spezifische Methoden, nach denen Existenzanalyse zum Einsatz gelangt: Personale Existenzanalyse, Arbeit mit den Grundmotivationen, biographische Methode (Person), Personale Positionsfindung und zahlreiche diagnosespezifische Interventionsformen.

Die Evaluation existenzanalytischer Arbeit erfolgt mittels der Existenz-Skala und Einzelfallstudien, die Evaluation der Techniken auch über (kontrollierte) Gruppenstudien.

Die Zuordnung der Existenzanalyse geschieht meistens (im Ausschlußverfahren) zur humanistischen Psychologie. Doch ist deren Haupttheorem (Selbstaktualisierung) kein Fokus der Existenzanalyse, sodaß sie im Grunde einer eigenen Kategorie „existentieller Psychotherapierichtungen“ zuzuordnen ist, die dem therapeutischen Grundprinzip der Wiederherstellung der dialogischen Austauschfähigkeit mit der Welt folgen.


LITERATUR:

  • Frankl VE ([1938] 1994) Zur geistigen Problematik der Psychotherapie. In: Frankl VE Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzehnten. Quintessenz (Neuauflage), Berlin, 15-30
  • Frankl VE ([1959] 1994) Grundriß der Existenzanalyse und Logotherapie. In: ebd, 57-184
  • Frankl VE ([1975] 1990) Der leidende Mensch. Anthropologische Grundlagen der Psychotherapie. Piper, München
  • Frankl VE (1995) Was nicht in meinen Büchern steht. Lebenserinnerungen. Quintessenz, Berlin
  • Längle A (Hrsg) (1988) Entscheidung zum Sein. Piper, München
  • Längle A (1994) Existenzanalyse und Logotherapie. In: Stumm G, Wirth B (Hrsg) Psychotherapie. Schulen und Methoden. Eine Orientierungshilfe für Theorie und Praxis. Falter, Wien, 2°, 185-192
  • Längle A (1995) Logotherapie und Existenzanalyse - eine Standortbestimmung. In: Existenzanalyse 12, 1, 5-15
  • Längle A (1999) Existenzanalyse – Die Zustimmung zum Leben finden. In: Fundamenta Psychiatrica 12, 139-146
  • Scheler M (1980) Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik. Neuer Versuch der Grundlegung eines ethischen Personalismus. Franke, Bern, 6°


AUTOREN: Alfried Längle, Lilo Tutsch


Siehe auch: Portal Psychotherapie