„Gerechter unter den Völkern“ – Versionsunterschied
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'''Gerechter unter den Völkern''' ([[Hebräische Sprache|Hebräisch]]: חסיד אומות העולם Chassid Umot ha-Olam) ist seit 1945 ein Ehrentitel für nichtjüdische Einzelpersonen, die ihr Leben dafür einsetzten, um [[Juden]] vor dem [[Holocaust]] zu retten. |
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Der Ausdruck stammt aus alter Tradition des [[Judentum]]s. So findet sich im[[Talmud]] der Satz: |
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'''Gerechter unter den Völkern''' ist eine Bezeichnung, die von Juden ursprünglich verwendet wurde, um [[Nichtjuden]] zu bezeichnen, die gute, gottesfürchtige Menschen waren. In der jüdischen Tradition wird die Einhaltung der jüdischen Gesetze und Vorschriften, die sich in der [[Tora]] wie auch in der [[Mischna]], [[Gemara]] und der mündlichen Überlieferung befinden, nur von Juden erwartet, die dieses Erbe von ihren Vorfahren übernommen haben. Im Unterschied zu den 613 Gesetzen, die Juden einzuhalten haben, sollten Nichtjuden ihrer Ansicht nach nur den weiter gefassten ethischen Prinzipien folgen, die in den [[Noachidische Gesetze|Noachidischen Geboten]] zu finden sind. |
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:''Die Gerechten aus den Völkern haben einen Platz in der kommenden Welt.'' |
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Diese Auffassung beruht ihrerseits auf spezifisch biblischer [[Theologie]]: Nach der exilisch-nachexilischen [[Prophetie]] etwa [[Deuterojesaja]]s sollten ''Gojim'' (Angehörige andersgläubiger Völker) Anteil am kommenden [[Reich Gottes]] erhalten, wenn sie die Einzigkeit [[JHWH]]s, des Gottes Israels, und seiner wichtigsten Weisungen ([[Tora]]) anerkannten. |
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Im Anschluss daran bezeichnen Juden seit Beginn der abendländigschen Zeitrechnung mit dem Ausdruck gute, gottesfürchtige [[Nichtjuden]]. Diesen „Gottesfürchitgen“ wurde die Einhaltung aller 613 jüdischen Gebote und Vorschriften der Tora und ihrer mündlichen Auslegungen, die in der [[Mischna]] und [[Gemara]] gesammelt wurden, erlassen. Stattdessen sollten diese Nichtjuden nur den weiter gefassten ethischen Prinzipien folgen, die in den [[Noachidische Gesetze|Noachidischen Geboten]] zu finden sind. |
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== Heutige Bedeutung == |
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Seit [[1963]] hat eine [[Kommission]], die vom Israelischen Obersten Gerichtshof angeführt wird, die Aufgabe übernommen, den Ehrentitel eines ''Gerechten unter den Völkern'' zu vergeben. Diese Kommission folgt in ihrer Vergabe festliegenden Kriterien und verfolgt fortwährend die aktuelle Diskussion und Forschung sowie auch die Augenzeugenberichte der [[Shoah]]. |
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Nach dem weltweiten Bekanntwerden der Verbrechen des [[Nationalsozialismus]], besonders an den Juden, setzte sich allmählich im 1948 gegründeten Staat [[Israel]] die Einsicht durch, dass zur Erinnerung der [[Zeit des Nationalsozialismus]] auch die Erinnerung an die Menschen gehört, die das Schicksal der Juden damals nicht gleichgültig hinnahmen, sondern ihnen auf vielfältige Weise zu helfen versuchten und dazu persönliche Risiken und Nachteile auf sich nahmen. |
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1953 verabschiedete die [[Knesset]] das ''Gesetz zum Gedenken an [[Märtyrer]] und Helden'', in dessen Ausführungsbestimmungen die Gedenkstätte [[Yad Vashem]] den Auftrag erhielt, eine Gedenkabteilung für die „Gerechten aus den Völkern“ einzurichten, ''„die ihr Leben riskierten, um Juden zu retten“. |
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Seit 1963 übernahm eine öffentliche [[Kommission]] unter der Schirmherrschaft von Yad Vashem die Aufgabe, vorgeschlagene Personen nach bestimmten genau festgelegten Kriterien als „Gerechte aus den Völkern“ zu prüfen und gegebenenfalls anzuerkennen. Sie besteht aus bekannten Persönlichkeiten, die oft selbst Holocaustüberlebende sind und staatliche oder politische Ämter bekleiden. Vorsitzender ist ein Richter am Obersten Gerichtshof Israels; dies war zuerst [[Moshe Landau]]. Die Vergabe des Ehrentitels erfolgt aufgrund eindeutiger Dokumente, die von Yad Vashem und - soweit es sie noch gibt - mündlichen Zeugnissen Holocaustüberlebender und anderer Zeitzeugen vorgelegt werden. Oft werden auch authentische Dokumente aus europäischen Archiven, die die von Überlebenden geschilderten Ereignisse bestätigen, eingeholt und zugelassen.<ref>Artikel ''Gerechte unter den Völkern'' in: ''Enzyklopädie des Holocaust'', Hrsg. Israel Gutman, Piper, München 1998, Band I, S. 519</ref> |
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== Ehrung == |
== Ehrung == |
Version vom 29. August 2007, 10:39 Uhr
Gerechter unter den Völkern (Hebräisch: חסיד אומות העולם Chassid Umot ha-Olam) ist seit 1945 ein Ehrentitel für nichtjüdische Einzelpersonen, die ihr Leben dafür einsetzten, um Juden vor dem Holocaust zu retten.
Hintergrund
Der Ausdruck stammt aus alter Tradition des Judentums. So findet sich imTalmud der Satz:
- Die Gerechten aus den Völkern haben einen Platz in der kommenden Welt.
Diese Auffassung beruht ihrerseits auf spezifisch biblischer Theologie: Nach der exilisch-nachexilischen Prophetie etwa Deuterojesajas sollten Gojim (Angehörige andersgläubiger Völker) Anteil am kommenden Reich Gottes erhalten, wenn sie die Einzigkeit JHWHs, des Gottes Israels, und seiner wichtigsten Weisungen (Tora) anerkannten.
Im Anschluss daran bezeichnen Juden seit Beginn der abendländigschen Zeitrechnung mit dem Ausdruck gute, gottesfürchtige Nichtjuden. Diesen „Gottesfürchitgen“ wurde die Einhaltung aller 613 jüdischen Gebote und Vorschriften der Tora und ihrer mündlichen Auslegungen, die in der Mischna und Gemara gesammelt wurden, erlassen. Stattdessen sollten diese Nichtjuden nur den weiter gefassten ethischen Prinzipien folgen, die in den Noachidischen Geboten zu finden sind.
Nach dem weltweiten Bekanntwerden der Verbrechen des Nationalsozialismus, besonders an den Juden, setzte sich allmählich im 1948 gegründeten Staat Israel die Einsicht durch, dass zur Erinnerung der Zeit des Nationalsozialismus auch die Erinnerung an die Menschen gehört, die das Schicksal der Juden damals nicht gleichgültig hinnahmen, sondern ihnen auf vielfältige Weise zu helfen versuchten und dazu persönliche Risiken und Nachteile auf sich nahmen.
1953 verabschiedete die Knesset das Gesetz zum Gedenken an Märtyrer und Helden, in dessen Ausführungsbestimmungen die Gedenkstätte Yad Vashem den Auftrag erhielt, eine Gedenkabteilung für die „Gerechten aus den Völkern“ einzurichten, „die ihr Leben riskierten, um Juden zu retten“.
Seit 1963 übernahm eine öffentliche Kommission unter der Schirmherrschaft von Yad Vashem die Aufgabe, vorgeschlagene Personen nach bestimmten genau festgelegten Kriterien als „Gerechte aus den Völkern“ zu prüfen und gegebenenfalls anzuerkennen. Sie besteht aus bekannten Persönlichkeiten, die oft selbst Holocaustüberlebende sind und staatliche oder politische Ämter bekleiden. Vorsitzender ist ein Richter am Obersten Gerichtshof Israels; dies war zuerst Moshe Landau. Die Vergabe des Ehrentitels erfolgt aufgrund eindeutiger Dokumente, die von Yad Vashem und - soweit es sie noch gibt - mündlichen Zeugnissen Holocaustüberlebender und anderer Zeitzeugen vorgelegt werden. Oft werden auch authentische Dokumente aus europäischen Archiven, die die von Überlebenden geschilderten Ereignisse bestätigen, eingeholt und zugelassen.[1]
Ehrung
Eine Person, die als Gerechter unter den Völkern geehrt wird, erhält eine speziell geprägte Medaille mit ihrem Namen, ein Ehrenzertifikat und die Ehre, dass ihr Name an der Wall of Honor im Garten der Gerechten in Yad Vashem in Jerusalem, der israelischen Holocaust-Gedenkstätte, angeschlagen wird. Die Medaille der Auszeichnung trägt die Inschrift aus dem Talmud (Mischna, Traktat Sanhedrin):
- „Wer immer ein Menschenleben rettet, hat damit gleichsam eine ganze Welt gerettet.“
Außerdem wird für ihn ein Baum gepflanzt, dies ist derzeit allerdings aus Platzmangel zurückgestellt worden.
Die Ehrung wird den Geehrten oder ihren nächsten Anverwandten in einer feierlichen Zeremonie in Israel oder in ihrem Heimatland durch die Botschaften und die dortigen israelischen Repräsentanten verliehen. In der Regel erfahren diese Ehrungen auch in der Presse größeres Aufsehen. Yad Vashem wird durch das Yad-Vashem-Gesetz autorisiert, „den Gerechten unter den Völkern eine Ehrenbürgerschaft zu übertragen, sowie ihnen, wenn sie nicht mehr leben, in Erinnerung an ihre Taten ein ewiges Gedächtnis im Staate Israel zuzusichern.“
Jeder, der als Gerechter unter den Völkern geehrt wurde, ist aufgerufen, bei Yad Vashem diese Urkunde anzufordern. Wenn der Gerechte unter den Völkern nicht mehr leben sollte, wird seinen oder ihren Nachfahren dieses Recht zuerkannt. Derzeit tragen mehr als 21.750 (Stand April 2007) Männer und Frauen einschließlich ihrer Familienangehörigen (darunter 427 Deutsche, 85 Österreicher und 38 Schweizer, Stand 1. Januar 2006), die gemeinsam Juden beim Überleben geholfen haben, die Ehrenbezeichnung eines Gerechten unter den Völkern und stehen für über 8.000 authentische Berichte einer Rettung. Yad Vashem hat die Aufgabe, das Programm solange fortzusetzen, wie Petitionen um diesen Titel eingehen und die Kriterien für die Ehrung erfüllen.
Ein Gerechter unter den Völkern erhält ein monatliches Ehrengeld in Höhe des Durchschnittslohns. Zusätzlich wird den Gerechten unter den Völkern und ihren Ehepartnern ein Genesungsgeld für Beamte gezahlt. Gesundheitsleistungen nach dem Nationalen Krankenversicherungsgesetz werden kostenlos geleistet.
Ein Gerechter unter den Völkern, der wirtschaftliche Not leidet, wo auch immer er lebt, erhält von der jüdischen Stiftung für die Gerechten, einer in New York angesiedelten Hilfsorganisation, die zu diesem Zweck gegründet wurde, eine Unterstützung. Der Anne-Frank-Fonds in Basel übernimmt die Unterstützung in medizinischer Hinsicht. Die Gerechten, die in Israel leben (ca. 35 Personen) erhalten automatisch eine staatliche Pension.
Israel bietet 57 überlebenden Gerechten unter den Völkern eine Heimat, die Juden gerettet haben und nach dem Zweiten Weltkrieg emigriert sind, um dort alleine oder mit ihren Familien zu leben. ATZUM sorgt dafür, ihnen ihre Grundbedürfnisse zu gewährleisten, soweit sie nicht vom israelischen Sozialsystem (NII) übernommen werden, sowie Besuche von israelischen „adopted grandchildren“ zu gewährleisten, professionellen Helfern, sowie geriatrische, zahnmedizinische und weitere Hilfe zu bieten.
Anzahl der Gerechten nach Nationalitäten
zum 1. Januar 2007 [2] | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Insgesamt | 21.310 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
¹ Auf ihren Wunsch hin wurden die Mitglieder des dänischen Untergrundes, die bei der Rettung der jüdischen Gemeinschaft halfen, insgesamt als eine Gruppe gezählt. |
Gerechte nach Ländern (Auswahl)
Deutschsprachige Länder
- (oder mehrheitlich deutschsprachig)
Deutsche Träger der Ehrung (Auswahl)
Österreichische Träger der Ehrung
Schweizer Träger der Ehrung (Auswahl)
Andere Länder
Britische Träger der Ehrung (Auswahl)
- Frank Foley
- Helene Holzman (geborene Deutsche, lebte lange in Litauen) - 2005
Chinesische Träger der Ehrung (Auswahl)
Estnische Träger der Ehrung (Auswahl)
Französische Träger der Ehrung (Auswahl)
- Paul Ramadier
- Père Jacques
- Père Marie-Benoît
- Gabriel Piguet Bischof von Clermont-Ferrand, liess in seinem Sprengel zahlreiche jüdische Kinder in katholischen Einrichtungen verstecken, z.B. in Ambert
Griechische Träger der Ehrung (Auswahl)
Italienische Träger der Ehrung (Auswahl)
Niederländische Träger der Ehrung (Auswahl)
Polnische Träger der Ehrung (Auswahl)
Portugiesische Träger der Ehrung
Schwedische Träger der Ehrung (Auswahl)
Tschechische Träger der Ehrung (Auswahl)
Türkische Träger der Ehrung
Ungarische Träger der Ehrung (Auswahl)
US-amerikanische Träger der Ehrung
Japanische Träger der Ehrung
Ukrainische Träger der Ehrung (Auswahl)
Weißrussische Träger der Ehrung (Auswahl)
Bulgarische Träger der Ehrung (Auswahl)
Litauische Träger der Ehrung (Auswahl)
Kroatische Träger der Ehrung
- Ivan Antunac
- Olga Bartulović und Dragica Bartulović
- Čedomir Bauer und Branko Bauer
- Mate Bedrica
- Jozefina Belić
- Đurđa Belić-Peternel
- Antun Benčević und Mira Benčević
- Zina-Gertruda Beritić und Tihomil Beritić
- Ivana Bjelajec
- Nevenka Borić
- Ivan Breskvar
- Matej Buterin
- Marko Božić
- Marija Car und Karel Car
- Alfred Carnelutti, Vera Carnelutti und Mario Carnelutti
- Anka Crndić
- Ratimir Deletis
Nach Jahren, seit 2005
- 2005
- Helene Holzman, Lidija Goluboviene, Natalija Fugaleviciute, Fritz und Maria Briel, Emilie Busch, Hanni Ganzer, Hedwig Gehrke, Meta Kamp-Steinmann, Karin Morgenstern, Änne Schmitz, Grete Ströter, Constantin Karadja
- 2006
- Robert Havemann, Georg und Anneliese Groscurth, Paul Rentsch, Herbert Richter, Fritz und Margarete Kahl
- 2007
- Stephan Pfürtner, Joseph Tudyka und Margarete Meusel
Literatur dazu aus Deutschland
- Wolfram Wette (Hrsg): Retter in Uniform. Handlungsspielräume im Vernichtungskrieg der Wehrmacht. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15221-6
- Wolfram Wette (Hrsg): Zivilcourage. Empörte, Helfer und Retter aus Wehrmacht, Polizei und SS. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-15852-4
- Wolfram Wette (Hrsg): Stille Helden. Judenretter im Dreiländereck während des Zweiten Weltkrieges. Herder-Taschenbuch, Freiburg 2005, ISBN 3-451-05461-2
Weblinks
- Righteous Among the Nations – Gerechte unter den Völkern (engl.)
- Seiten Yad Vashems zum Thema (engl.)
- Bedingungen für die Aufnahme ins Programm
- http://www.holocaustforgotten.com/list.htm
- Unterstützungen des Staates Israel, Staatliche Pensionen
- Medizinische Unterstützung
- Österreichische Gerechte unter den Völkern
- Holocaust Memorial Budapest, testimony from the family Jakobovics in 1947
- Witness: „Karoly Szabo played a determining role among Wallenberg’s supporters“
- [1] 2006: Vier Reden aus Anlass der Titelverleihung an dt. Mitglieder der Europäische Union (Widerstandsgruppe)
Quellen
- ↑ Artikel Gerechte unter den Völkern in: Enzyklopädie des Holocaust, Hrsg. Israel Gutman, Piper, München 1998, Band I, S. 519
- ↑ Yad Vashem: Righteous Among the Nations – Statistics