Rom und Cinti Union

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Die Rom und Cinti Union mit Sitz in Hamburg ist ein 1983 gegründeter eingetragener gemeinnütziger Verein "für den Schutz gegen Verfolgung und zur Förderung von Roma und Cinti als nationale Minderheit".

Anders als beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, der die Interessen der seit langem in Mitteleuropa beheimateten Roma deutscher Staatsbürgerschaft zu vertreten beansprucht und sich insbesondere auf Familienverbände deutscher Sinti stützt, stehen bei der Rom und Cinti Union die Interessen und Bedürfnisse der Roma-Migranten, wie sie in den letzten fünf Dekaden als angeworbene Arbeitskräfte oder als Flüchtlinge und Vertriebene nach Deutschland kamen, im Mittelpunkt.

Der Vorstand des Vereins besteht aus dem Vorsitzenden Rudko Kawczynski, einem seit den 1970er Jahren in Hamburg ansässigen staatenlose Rom, dem Geschäftsführer Karl-Heinz Weiß, einem deutschen Sinto, und Marco Knudsen, einem Sohn von Kawczynski.

Die Entstehung des Vereins resultierte aus dem erfolglosen Bemühen von Roma-Flüchtlingen zu Beginn der 1980er Jahre, Fürsprache für ihre Anliegen bei den seit den 1970er Jahren entstehenden und sich etablierenden Selbstorganisationen der eingesessenen "Sinti und Roma" zu finden. Vor allem der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma habe sich, so Yaron Matras, als Israeli der damalige Geschäftsführer des Hamburger Vereins, sich dem entschieden entgegengestellt. Er habe seine Mitgliedsverbände angewiesen, die nichtdeutschen Roma-Flüchtlinge nicht zu unterstützen, nachdem sie zunehmend "ihren Gaststatus in unserem Land" mißbrauchen würden, das Bild der deutschen Sinti und Roma beeinträchtigten und so die für die deutschen Angehörigen der Minderheit bereits erreichten Fortschritte ruinierten. In der Sichtweise vieler eingesessener Sinti und Roma, die sich oft dezidiert von vor allem südosteuropäischen Roma absetzen, wiederbeleben die Rom und Cinti Union und ihre Mitstreiter das unerwünschte Bild vom "Zigeuner" als heimatlosem ewigen Wanderer.[1]

Nicht anders als in ihren Anfangsjahren die Selbstorganisationen deutscher Sinti und Roma verstand sich die Rom und Cinti Union als initiierender Teil einer sozialen Bewegung aus Roma und Nichtroma. Zum methodischen Repertoire gehörten öffentlichkeitswirksame Aktionen und die Praxis der begrenzten Regelverletzung. Dabei stellte man die Vertreibungssituation in Südosteuropa und die Bleiberechtsfrage in einen Kontext mit der Verfolgung der europäischen Roma im Nationalsozialismus. Große mediale Beachtung fanden im Februar 1989 ein Hungerstreik auf dem Gelände des vormaligen KZ Neuengamme bei Hamburg oder einige Monate später ein symbolisches mehrwöchiges Lager ebenfalls dort als an einem geschützten Asylzufluchtsort, bei dem Asylsuchende öffentlich ihre Ausweise verbrannten.

Inzwischen hat sich die Rom und Cinti Union mit zunehmender Anerkennung und Etablierung von ihren aktionsbetonten Anfängen abgewandt. Sie leistet Sozialarbeit und Rechtsberatung und veranstaltet Kongresse und Symposien.

Anmerkungen

  1. Yaron Matras, The Development of the Romani Civil Rights Movement in Germany 1945-1996, in: Susan Tebbutt (Hrsg.): Sinti und Roma in der deutschsprachigen Gesellschaft und Literatur. (Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte; 72). Frankfurt am Main u.a. 2001, S. 49-63, hier: S. 57ff.

Literatur

  • Yaron Matras, Der Ausländerbeauftragte informiert. Roma und Cinti in Hamburg, Hamburg o. J. (1991)
  • Yaron Matras, The Development of the Romani Civil Rights Movement in Germany 1945-1996, in: Susan Tebbutt (Hrsg.): Sinti und Roma in der deutschsprachigen Gesellschaft und Literatur. (Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte; 72). Frankfurt am Main u.a. 2001, S. 49-63
  • Katrin Reemtsma, Sinti und Roma. Geschichte, Kultur, Gegenwart, München 1996