„Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei“ – Versionsunterschied

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Das '''Anwerbeabkommen zwischen der [[Bundesrepublik Deutschland]] und der [[Türkei]]''' wurde am 31. Oktober 1961 in [[Bad Godesberg]] unterzeichnet und führte, trotz gegenteiliger vertraglicher Ausgestaltung, in letzter Konsequenz zur türkischen Einwanderung in die [[Bundesrepublik Deutschland]]. Die angeworbenen Arbeiter wurden in Deutschland zunächst als [[Gastarbeiter]] bezeichnet.
[[Bild:Anwerbeabkommen zwischen BRD und TR.png|thumb]]
Das '''Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei''' wurde 1961 abgeschlossen und führte, trotz gegenteiliger vertraglicher Ausgestaltung, in letzter Konsequenz zur türkischen Einwanderung in die [[Bundesrepublik Deutschland]]. Die angeworbenen Arbeiter wurden in Deutschland zunächst als [[Gastarbeiter]] bezeichnet.


Ähnliche Abkommen hatte die Bundesrepublik zuvor 1955 bereits mit [[Italien]] und 1960 mit [[Spanien]] und [[Griechenland]] unterzeichnet. 1963, 1964, 1965 und 1968 folgten Verträge mit [[Marokko]], [[Portugal]], [[Tunesien]] und [[Jugoslawien]].
Das Abkommen wurde am 31. Oktober 1961 von der Bundesrepublik Deutschland und der [[Türkei|Türkischen Republik]] in [[Bad Godesberg]] unterzeichnet. Dabei schreibt z. B. Jarmin (zitiert nach Gerlin, Vera, 1998), dass das Anwerbeabkommen mit der Türkei - ähnlich wie das erste Anwerbeabkommen, das auf Wunsch Italiens abgeschlossen wurde - auf Wunsch und auf Druck der türkischen Militärregierung zustande kam. Es wurde bezeichnenderweise federführend durch das deutsche Außenministerium abgeschlossen (und eben nicht durch das deutsche Wirtschaftsministerium). Die Türkei befand sich zu dieser Zeit - nach der Ära von [[Adnan_Menderes|Adnan Menderes]] (siehe Abschnitt Misstrauen, Misswirtschaft und EWG-Verhandlung) - in einer sehr prekären wirtschaftlichen Situation.


== Motivation ==
In der einschlägigen Literatur wird zu den Umständen des Zustandekommens unter anderem angeführt, daß die USA Druck auf Deutschland ausübten, das von der Türkei geforderte Anwerbeabkommen abzuschließen. Dadurch sollte die Militärregierung der Türkei unterstützt werden, denn die Türkei hatte 1959 der Stationierung einer Staffel von US-amerikanischen Atomraketen an der Grenze der UDSSR zugestimmt und war ein strategisch wichtiger NATO Partner (Siehe [[Kubakrise]] - unmittelbare Vorgeschichte). Die Angst der USA: Im Mai 1960 hatte es einen erneuten Putsch in der Türkei gegeben und die Lage war, wie die Umbildung des Kabinetts von Cemal Gürsel am 27. August 1960 und die Ankündigung von Neuwahlen für 1961 zeigten, in der Türkei extrem instabil. Die sehr schwierige wirtschaftliche Lage, die zum Teil Versorgungsengpässe zur Folge hatte, führte in 1960 und 1961 zu breiten Unruhen - es wurde sogar der Ausnahmezustand verhängt. Die USA befürchteten einen wachsenden Einfluss der Sowjetunion und ein Ausscheren der Türkei aus der NATO, wenn die Wirtschaft der Türkei nicht durch das Anwerbeabkommen stabilisiert würde.


Das Anwerbeabkommen mit der Türkei kam dabei - ähnlich wie das erste Anwerbeabkommen, das auf Wunsch Italiens abgeschlossen wurde - auf Wunsch und auf Druck der türkischen Militärregierung zustande. Es wurde bezeichnenderweise federführend durch das [[Auswärtiges Amt|deutsche Außenministerium]] abgeschlossen (und eben nicht durch das [[Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie|deutsche Wirtschaftsministerium]]). Die Türkei befand sich zu dieser Zeit - nach der Ära von [[Adnan_Menderes|Adnan Menderes]] - in einer sehr prekären wirtschaftlichen Situation.<ref>z. B. Jarmin (zitiert nach Gerlin, Vera, 1998</ref> Eine wirtschaftliche Entlastung sollte durch die Emigration von überschüssigen Arbeitskräften, den dadurch entstehenden Rückfluss von [[Devisen]]ins Land und eine Modernisierung durch das spätere Mitbringen von wirtschaftlichem Know-How erfolgen.<ref>Gerling, Vera: Soziale Dienste für zugewanderte Senioren/innen: Erfahrungen aus Deutschland, ISBN 9783831128037, S.78.</ref>
Auf S. 78 in Gerling, Vera: Soziale Dienste für zugewanderte Senioren/innen: Erfahrungen aus Deutschland, ISBN 9783831128037, werden die Ergebnisse der historischen Forschung über die Ziele der türkischen Regierung wie folgt zusammengefasst:
„... das Ziel der türkischen Militärregierung war es, durch die befristete Emigration von „überschüssigen“ Arbeitskräften den Arbeitsmarkt in der Türkei zu entlasten, dringend benötigte Devisen ins Land zu holen und später durch das Know-how der qualifizierten Rückkehrer/innen die wirtschaftliche Modernisierung zu fördern.“


Die USA übten Druck auf Deutschland aus, das von der Türkei geforderte Anwerbeabkommen abzuschließen. Dadurch sollte die Militärregierung der Türkei unterstützt werden, denn die Türkei hatte 1959 der Stationierung einer Staffel von US-amerikanischen Atomraketen an der Grenze der UDSSR zugestimmt und war ein strategisch wichtiger NATO Partner (Siehe [[Kubakrise]] - unmittelbare Vorgeschichte). Die USA befürchtete, dass nach dem Putsch im Mai 1960 die Lage in der Türkei instabil war, wie die Umbildung des Kabinetts von [[Cemal Gürsel]] am 27. August 1960 und die Ankündigung von Neuwahlen für 1961 zeigten. Die sehr schwierige wirtschaftliche Lage, die zum Teil Versorgungsengpässe zur Folge hatte, führte 1960 und 1961 zu breiten Unruhen - es wurde sogar der Ausnahmezustand verhängt. Die USA befürchteten einen wachsenden Einfluss der Sowjetunion und ein Ausscheren der Türkei aus der NATO, wenn die Wirtschaft der Türkei nicht durch das Anwerbeabkommen stabilisiert würde.
In "50 Jahre Bundesrepublik - 50 Jahre Einwanderung" schreibt Mathilde Jamin 1999, S. 146: "Johannes Dieter Steinert stellte aufgrund der Akten im Bundesarchiv und im Archiv des Auswärtigen Amtes für den Zeitraum bis 1961 fest, daß die Initiative zu diesen Entsendeabkommen von den "Entsendeländern" ausging. Hissahi Yano (1998) kam für den Forschungszeitraum bis 1964 zu demselben Ergebnis." und weiter "Noch stärker war aber offenbar der Druck in den "Entsendeländern" durch "Export" von Arbeitskräften ihren Arbeitsmarkt zu entlasten. (...) Die zuständigen deutschen Behörden standen den türkischen Wünschen zurückhaltend gegenüber; (...) Noch im September 1960 urteilte Anton Sabel, der Präsident der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, aus arbeitsmarktpolitischen Gründen sei die Bundesrepublik nicht auf ein Abkommen mit der Türkei angewiesen, möglicherweise wohl aber aus politischen Rücksichten auf die Türkei als NATO-Land".


== Inhalt ==
Zum Zeitpunkt der Anwerbeabkommens war die bundesdeutsche Wirtschaft bereits zur zweitstärksten Wirtschaftsmacht nach den USA aufgestiegen. Der nach dem Krieg in Deutschland entstandene Wohlstand übte eine sehr große Anziehungskraft auf weniger gut entwickelte Nationen aus. Hier ist unter anderem zu erwähnen: bis 1998 erhielt die Türkei als Entwicklungsland noch Entwicklungshilfe aus Deutschland (Siehe http://www.agenda21-treffpunkt.de/archiv/00/daten/zgl0014.htm) - 1987/88 war die Türkei sogar das Land, das am meisten deutsche Entwicklungshilfe erhielt.


Aus Sicht der deutschen Wirtschaft wurden im Sinn eines "[[Rotationsprinzip]]s" junge, ledig gehende Männer gesucht, die nach einem Zeitraum von maximal zwei Jahren gegen "frische" Kräfte ausgetauscht werden sollten. Weder den Unterzeichnerstaaten noch den angeworbenen Arbeitskräften war dabei klar, dass die als vorübergehend geplanten Aufenthalte der türkischen Arbeiter in Deutschland später deren Einwanderung begründen würden. Nichtsdestoweniger kamen die Arbeiter, trotz der in jeder einzelnen Anwerbevereinbarung festgeschriebenen Höchstaufenthaltsgrenze von zwei Jahren, nicht selten mit offenem Zeithorizont.
Aus Sicht der deutschen Wirtschaft wurden im Sinn eines [[Rotationsprinzip]]s“ junge ledige Männer gesucht, die nach einem Zeitraum von maximal zwei Jahren gegen „frische“ Kräfte ausgetauscht werden sollten. Weder den Unterzeichnerstaaten noch den angeworbenen Arbeitskräften war dabei klar, dass die als vorübergehend geplanten Aufenthalte der türkischen Arbeiter in Deutschland später deren Einwanderung begründen würden. Nichtsdestoweniger kamen die Arbeiter, trotz der in jeder einzelnen Anwerbevereinbarung festgeschriebenen Höchstaufenthaltsgrenze von zwei Jahren, nicht selten mit offenem Zeithorizont.


Das Anwerbeabkommen mit der Türkei enthielt darüber hinaus von Anfang an gegenüber den Anwerbeabkommen mit den westlichen Ländern einige Besonderheiten (die ähnlich für das Abkommen mit Tunesien und Markokko übernommen wurden) - zitiert nach Davy, Ulrike (Hg.): "Die Integration von Einwandern, rechtliche Regelungen im europäischen Vergleich", S. 340ff:
Das Anwerbeabkommen mit der Türkei enthielt darüber hinaus von Anfang an gegenüber den Anwerbeabkommen mit den westlichen Ländern einige Besonderheiten (die ähnlich für das Abkommen mit Tunesien und Markokko übernommen wurden):<ref>Davy, Ulrike (Hg.): "Die Integration von Einwandern, rechtliche Regelungen im europäischen Vergleich", S. 340ff</ref>


* eine Anwerbung war ausschließlich für Unverheiratete vorgesehen,
* eine Anwerbung war ausschließlich für Unverheiratete vorgesehen,
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* eine Obergrenze für den Aufenthalt von 2 Jahren wurde festgeschrieben, eine Verlängerung ausgeschlossen,
* eine Obergrenze für den Aufenthalt von 2 Jahren wurde festgeschrieben, eine Verlängerung ausgeschlossen,
* die Arbeitnehmer sollten nur aus den europäischen Gebieten der Türkei stammen.
* die Arbeitnehmer sollten nur aus den europäischen Gebieten der Türkei stammen.



Am 30. September 1964 trat eine Neufassung des Abkommens in Kraft.
Am 30. September 1964 trat eine Neufassung des Abkommens in Kraft.


== Folgen ==
Ähnliche Abkommen hatte die Bundesrepublik zuvor 1955 bereits mit [[Italien]] und 1960 mit [[Spanien]] und [[Griechenland]] unterzeichnet. 1963, 1964, 1965 und 1968 folgten Verträge mit [[Marokko]], [[Portugal]], [[Tunesien]] und [[Jugoslawien]].


Die häufig angebrachte Aussage, dass die angeworbenen türkischen Arbeitskräfte "Arbeiten ausgeführt hätten, die Deutsche nicht mehr ausüben wollten", lässt sich meist statistisch nicht belegen. Bei gleicher Qualifikation bewegten sich in allen Arbeitsfeldern (Bergbau, Entsorgungsbetriebe, Raumpflege etc.) die prozentualen Anteile immer analog den jeweiligen Bevölkerungsanteilen der vertretenen Nationen.
Die häufig angebrachte Aussage, dass die angeworbenen türkischen Arbeitskräfte Arbeiten ausgeführt hätten, die Deutsche nicht mehr ausüben wollten, lässt sich meist statistisch nicht belegen. Bei gleicher Qualifikation bewegten sich in allen Arbeitsfeldern (Bergbau, Entsorgungsbetriebe, Raumpflege etc.) die prozentualen Anteile immer analog den jeweiligen Bevölkerungsanteilen der vertretenen Nationen.


Die Anwerbung endete mit dem am 23. November 1973 von der Bundesregierung beschlossenen generellen bzw. totalen Anwerbestopp, der sämtliche Anwerbeländer betraf.
Die Anwerbung endete mit dem am 23. November 1973 von der Bundesregierung beschlossenen generellen bzw. totalen Anwerbestopp, der sämtliche Anwerbeländer betraf. Zum Zeitpunkt des totalen Anwerbestopps 1973 befanden sich - nach 12 Jahren Anwerbeabkommen - ca. 500.000 bis 750.000 Türken in Deutschland.

Zum Zeitpunkt des totalen Anwerbestopps 1973 befanden sich - nach 12 Jahren Anwerbeabkommen - ca. 500.000 bis 750.000 Türken in Deutschland.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Wie geht man als Arbeiter nach Deutschland?|İşçi Olarak Almanya'ya Nasıl Gidilir]] (Leitfaden, den die Türkei 1963 für türkische Arbeitskräfte in Deutschland herausgegeben hat)
* ''[[Wie geht man als Arbeiter nach Deutschland?]]'' - Leitfaden, den die Türkei 1963 für türkische Arbeitskräfte in Deutschland herausgegeben hat
* [[Verein türkischer Arbeitnehmer in Köln und Umgebung]] - Erster türkischer Arbeiterverein, gegründet 1962
* [[Verein türkischer Arbeitnehmer in Köln und Umgebung]] - erster türkischer Arbeiterverein, gegründet 1962
* [http://www.domit.de/pdf/Materialsammlung.pdf Zur Geschichte der Arbeitsmigration aus der Türkei] - Materialsammlung des "Museums für Migration aus der Türkei" DOMiT


== Weblink ==
== Weblink ==
*[http://www.vdk.de/perl/cms.cgi?ID=bb13763&SID=9c2dUoAhSqxM9xL7DBYHbA8P0zAEWf 45 Jahre Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei]
*[http://www.vdk.de/perl/cms.cgi?ID=bb13763&SID=9c2dUoAhSqxM9xL7DBYHbA8P0zAEWf 45 Jahre Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei]
* [http://www.domit.de/pdf/Materialsammlung.pdf Zur Geschichte der Arbeitsmigration aus der Türkei] - Materialsammlung des ''Museums für Migration aus der Türkei'' DOMiT

== Belege ==
<references />


[[Kategorie:Deutsch-türkische Beziehungen]]
[[Kategorie:Deutsch-türkische Beziehungen]]

Version vom 18. November 2009, 21:45 Uhr

Das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei wurde am 31. Oktober 1961 in Bad Godesberg unterzeichnet und führte, trotz gegenteiliger vertraglicher Ausgestaltung, in letzter Konsequenz zur türkischen Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland. Die angeworbenen Arbeiter wurden in Deutschland zunächst als Gastarbeiter bezeichnet.

Ähnliche Abkommen hatte die Bundesrepublik zuvor 1955 bereits mit Italien und 1960 mit Spanien und Griechenland unterzeichnet. 1963, 1964, 1965 und 1968 folgten Verträge mit Marokko, Portugal, Tunesien und Jugoslawien.

Motivation

Das Anwerbeabkommen mit der Türkei kam dabei - ähnlich wie das erste Anwerbeabkommen, das auf Wunsch Italiens abgeschlossen wurde - auf Wunsch und auf Druck der türkischen Militärregierung zustande. Es wurde bezeichnenderweise federführend durch das deutsche Außenministerium abgeschlossen (und eben nicht durch das deutsche Wirtschaftsministerium). Die Türkei befand sich zu dieser Zeit - nach der Ära von Adnan Menderes - in einer sehr prekären wirtschaftlichen Situation.[1] Eine wirtschaftliche Entlastung sollte durch die Emigration von überschüssigen Arbeitskräften, den dadurch entstehenden Rückfluss von Devisenins Land und eine Modernisierung durch das spätere Mitbringen von wirtschaftlichem Know-How erfolgen.[2]

Die USA übten Druck auf Deutschland aus, das von der Türkei geforderte Anwerbeabkommen abzuschließen. Dadurch sollte die Militärregierung der Türkei unterstützt werden, denn die Türkei hatte 1959 der Stationierung einer Staffel von US-amerikanischen Atomraketen an der Grenze der UDSSR zugestimmt und war ein strategisch wichtiger NATO Partner (Siehe Kubakrise - unmittelbare Vorgeschichte). Die USA befürchtete, dass nach dem Putsch im Mai 1960 die Lage in der Türkei instabil war, wie die Umbildung des Kabinetts von Cemal Gürsel am 27. August 1960 und die Ankündigung von Neuwahlen für 1961 zeigten. Die sehr schwierige wirtschaftliche Lage, die zum Teil Versorgungsengpässe zur Folge hatte, führte 1960 und 1961 zu breiten Unruhen - es wurde sogar der Ausnahmezustand verhängt. Die USA befürchteten einen wachsenden Einfluss der Sowjetunion und ein Ausscheren der Türkei aus der NATO, wenn die Wirtschaft der Türkei nicht durch das Anwerbeabkommen stabilisiert würde.

Inhalt

Aus Sicht der deutschen Wirtschaft wurden im Sinn eines „Rotationsprinzips“ junge ledige Männer gesucht, die nach einem Zeitraum von maximal zwei Jahren gegen „frische“ Kräfte ausgetauscht werden sollten. Weder den Unterzeichnerstaaten noch den angeworbenen Arbeitskräften war dabei klar, dass die als vorübergehend geplanten Aufenthalte der türkischen Arbeiter in Deutschland später deren Einwanderung begründen würden. Nichtsdestoweniger kamen die Arbeiter, trotz der in jeder einzelnen Anwerbevereinbarung festgeschriebenen Höchstaufenthaltsgrenze von zwei Jahren, nicht selten mit offenem Zeithorizont.

Das Anwerbeabkommen mit der Türkei enthielt darüber hinaus von Anfang an gegenüber den Anwerbeabkommen mit den westlichen Ländern einige Besonderheiten (die ähnlich für das Abkommen mit Tunesien und Markokko übernommen wurden):[3]

  • eine Anwerbung war ausschließlich für Unverheiratete vorgesehen,
  • ein Familiennachzug bzw. die Familienzusammenführung wurde im Abkommen ausgeschlossen,
  • eine Gesundheitsprüfung und eine Eignungsuntersuchung für die anzunehmende Arbeit,
  • eine Obergrenze für den Aufenthalt von 2 Jahren wurde festgeschrieben, eine Verlängerung ausgeschlossen,
  • die Arbeitnehmer sollten nur aus den europäischen Gebieten der Türkei stammen.

Am 30. September 1964 trat eine Neufassung des Abkommens in Kraft.

Folgen

Die häufig angebrachte Aussage, dass die angeworbenen türkischen Arbeitskräfte Arbeiten ausgeführt hätten, die Deutsche nicht mehr ausüben wollten, lässt sich meist statistisch nicht belegen. Bei gleicher Qualifikation bewegten sich in allen Arbeitsfeldern (Bergbau, Entsorgungsbetriebe, Raumpflege etc.) die prozentualen Anteile immer analog den jeweiligen Bevölkerungsanteilen der vertretenen Nationen.

Die Anwerbung endete mit dem am 23. November 1973 von der Bundesregierung beschlossenen generellen bzw. totalen Anwerbestopp, der sämtliche Anwerbeländer betraf. Zum Zeitpunkt des totalen Anwerbestopps 1973 befanden sich - nach 12 Jahren Anwerbeabkommen - ca. 500.000 bis 750.000 Türken in Deutschland.

Siehe auch

Weblink

Belege

  1. z. B. Jarmin (zitiert nach Gerlin, Vera, 1998
  2. Gerling, Vera: Soziale Dienste für zugewanderte Senioren/innen: Erfahrungen aus Deutschland, ISBN 9783831128037, S.78.
  3. Davy, Ulrike (Hg.): "Die Integration von Einwandern, rechtliche Regelungen im europäischen Vergleich", S. 340ff