„Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei“ – Versionsunterschied

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== Motivation ==
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In den ersten Nachkriegsjahren gab es zwischen Deutschland und der Türkei wenig Austausch. In den Jahren des "Wirtschaftswunders" machte sich jedoch in der Bundesrepublik trotz der großen Zahl von Vertriebenen und Zuzüglern aus der DDR besonders nach dem Mauerbau 1961 ein steigender Bedarf an Arbeitskräften bemerkbar. Daher schloss die Bundesregierung von 1955 bis 1968 mit mehreren Staaten Anwerbeabkommen, darunter 1961 mit der Türkei.
Das Anwerbeabkommen mit der Türkei kam - ähnlich wie das erste Anwerbeabkommen, das auf Wunsch Italiens abgeschlossen wurde - auf Wunsch und auf Druck der türkischen Militärregierung zustande. Es wurde bezeichnenderweise federführend durch das [[Auswärtiges Amt|deutsche Außenministerium]] abgeschlossen (und eben nicht durch das [[Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie|deutsche Wirtschaftsministerium]]). Die Türkei befand sich zu dieser Zeit - nach der Ära von [[Adnan Menderes]] - in einer sehr prekären wirtschaftlichen Situation.<ref>z. B. Jarmin (zitiert nach Gerlin, Vera, 1998</ref> Eine wirtschaftliche Entlastung sollte durch die Emigration von überschüssigen Arbeitskräften, den dadurch entstehenden Rückfluss von [[Devisen]] ins Land und eine Modernisierung durch das spätere Mitbringen von wirtschaftlichem Know-How erfolgen.<ref>Gerling, Vera: Soziale Dienste für zugewanderte Senioren/innen: Erfahrungen aus Deutschland, ISBN 9783831128037, S.78.</ref>
Bis Mitte der 1960er Jahre war es allgemeiner Konsens, dass die ausländischen Arbeitskräfte - die "Gastarbeiter", wie sie bald im öffentlichen Sprachgebrauch hießen - nur vorübergehend in Westdeutschland leben und arbeiten sollten. Im Anwerbeabkommen mit der Türkei war die Aufenthaltsdauer auf maximal zwei Jahre festgeschrieben. Da lediglich der Bedarf der Wirtschaft nach Arbeitskräften erfüllt werden sollte, gab es keine Überlegungen oder gar Planungen hinsichtlich einer dauerhaften Ansiedlung der Zuwanderer. Eine wirtschaftliche Entlastung sollte durch die Emigration von überschüssigen Arbeitskräften, den dadurch entstehenden Rückfluss von [[Devisen]] ins Land und eine Modernisierung durch das spätere Mitbringen von wirtschaftlichem Know-How erfolgen.<ref>Gerling, Vera: Soziale Dienste für zugewanderte Senioren/innen: Erfahrungen aus Deutschland, ISBN 9783831128037, S.78.</ref>

Die USA übten Druck auf Deutschland aus, das von der Türkei geforderte Anwerbeabkommen abzuschließen. Dadurch sollte die Militärregierung der Türkei unterstützt werden, denn die Türkei hatte 1959 der Stationierung einer Staffel von US-amerikanischen Atomraketen an der Grenze der [[Sowjetunion|UdSSR]] zugestimmt und war ein strategisch wichtiger [[NATO]]-Partner (Siehe [[Kubakrise#unmittelbare Vorgeschichte|Kubakrise – unmittelbare Vorgeschichte]]). Die USA befürchtete, dass nach dem Putsch im Mai 1960 die Lage in der Türkei instabil war, wie die Umbildung des Kabinetts von [[Cemal Gürsel]] am 27. August 1960 und die Ankündigung von Neuwahlen für 1961 zeigten. Die sehr schwierige wirtschaftliche Lage, die zum Teil Versorgungsengpässe zur Folge hatte, führte 1960 und 1961 zu breiten Unruhen - es wurde sogar der Ausnahmezustand verhängt. Die USA befürchteten einen wachsenden Einfluss der Sowjetunion und ein Ausscheren der Türkei aus der NATO, wenn die Wirtschaft der Türkei nicht durch das Anwerbeabkommen stabilisiert würde.


== Inhalt ==
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== Folgen ==
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Da lediglich der Bedarf der Wirtschaft nach Arbeitskräften erfüllt werden sollte, gab es keine Überlegungen oder gar Planungen hinsichtlich einer dauerhaften Ansiedlung der Zuwanderer. Von einigen Spezialisten wie etwa hochqualifizierten türkischen Fachärzten abgesehen, übernahmen die Arbeitsmigranten meist Stellen, für die sich keine Deutschen bewarben. Folglich fand ihr Einsatz in der Gesellschaft allgemeine Zustimmung. Eine mögliche Integration der Arbeiter und eine Auseinandersetzung mit ihrem Herkunftsland, ihren Traditionen und ihrer Religion schien nicht notwendig zu sein, da Arbeitskräfte nur kurzfristig benötigt wurden und im wirtschaftlichen Krisenfall wieder in ihre Heimat zurückkehren sollten.
Die häufig angebrachte Aussage, dass die angeworbenen türkischen Arbeitskräfte Arbeiten ausgeführt hätten, die Deutsche nicht mehr ausüben wollten, lässt sich meist statistisch nicht belegen. Bei gleicher Qualifikation bewegten sich in allen Arbeitsfeldern (Bergbau, Entsorgungsbetriebe, Raumpflege etc.) die prozentualen Anteile immer analog den jeweiligen Bevölkerungsanteilen der vertretenen Nationen.


Die Anwerbung endete mit dem am 23. November 1973 von der Bundesregierung beschlossenen generellen bzw. totalen Anwerbestopp, der sämtliche Anwerbeländer betraf. Zum Zeitpunkt des totalen Anwerbestopps 1973 befanden sich - nach 12 Jahren Anwerbeabkommen - ca. 500.000 bis 750.000 Türken in Deutschland.
Die Anwerbung endete mit dem am 23. November 1973 von der Bundesregierung beschlossenen generellen bzw. totalen Anwerbestopp, der sämtliche Anwerbeländer betraf. Zum Zeitpunkt des totalen Anwerbestopps 1973 befanden sich - nach 12 Jahren Anwerbeabkommen - ca. 500.000 bis 750.000 Türken in Deutschland.
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* [[Verein türkischer Arbeitnehmer in Köln und Umgebung]] - erster türkischer Arbeiterverein, gegründet 1962
* [[Verein türkischer Arbeitnehmer in Köln und Umgebung]] - erster türkischer Arbeiterverein, gegründet 1962


== Weblink ==
== Weblinks ==
* [http://www.vdk.de/perl/cms.cgi?ID=bb13763&SID=9c2dUoAhSqxM9xL7DBYHbA8P0zAEWf 45 Jahre Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei]
* [http://www.vdk.de/perl/cms.cgi?ID=bb13763&SID=9c2dUoAhSqxM9xL7DBYHbA8P0zAEWf 45 Jahre Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei]
* [http://www.domit.de/pdf/Materialsammlung.pdf Zur Geschichte der Arbeitsmigration aus der Türkei] - Materialsammlung des ''Museums für Migration aus der Türkei'' DOMiT
* [http://www.domid.org/pdf/Materialsammlung.pdf Zur Geschichte der Arbeitsmigration aus der Türkei] - Materialsammlung des ''Museums für Migration aus der Türkei'' DOMiD
* [http://www.bpb.de/themen/373SRR,1,0,T%FCrkische_Minderheit_in_Deutschland.html Geschichte der türkischen Minderheit in Deutschland] - Bundeszentrale für politische Bildung
* [http://www.bpb.de/themen/373SRR,1,0,T%FCrkische_Minderheit_in_Deutschland.html Geschichte der türkischen Minderheit in Deutschland] - Bundeszentrale für politische Bildung


== Belege ==
== Belege ==

Version vom 14. Juli 2010, 03:00 Uhr

Die Türkei und Deutschland

Das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei wurde am 31. Oktober 1961 in Bad Godesberg unterzeichnet und führte, trotz gegenteiliger vertraglicher Ausgestaltung, in letzter Konsequenz zur türkischen Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland. Die angeworbenen Arbeiter wurden in Deutschland zunächst als Gastarbeiter bezeichnet.

Ähnliche Abkommen hatte die Bundesrepublik zuvor 1955 bereits mit Italien und 1960 mit Spanien und Griechenland unterzeichnet. 1963, 1964, 1965 und 1968 folgten Verträge mit Marokko, Portugal, Tunesien und Jugoslawien.

Motivation

In den ersten Nachkriegsjahren gab es zwischen Deutschland und der Türkei wenig Austausch. In den Jahren des "Wirtschaftswunders" machte sich jedoch in der Bundesrepublik trotz der großen Zahl von Vertriebenen und Zuzüglern aus der DDR besonders nach dem Mauerbau 1961 ein steigender Bedarf an Arbeitskräften bemerkbar. Daher schloss die Bundesregierung von 1955 bis 1968 mit mehreren Staaten Anwerbeabkommen, darunter 1961 mit der Türkei. Bis Mitte der 1960er Jahre war es allgemeiner Konsens, dass die ausländischen Arbeitskräfte - die "Gastarbeiter", wie sie bald im öffentlichen Sprachgebrauch hießen - nur vorübergehend in Westdeutschland leben und arbeiten sollten. Im Anwerbeabkommen mit der Türkei war die Aufenthaltsdauer auf maximal zwei Jahre festgeschrieben. Da lediglich der Bedarf der Wirtschaft nach Arbeitskräften erfüllt werden sollte, gab es keine Überlegungen oder gar Planungen hinsichtlich einer dauerhaften Ansiedlung der Zuwanderer. Eine wirtschaftliche Entlastung sollte durch die Emigration von überschüssigen Arbeitskräften, den dadurch entstehenden Rückfluss von Devisen ins Land und eine Modernisierung durch das spätere Mitbringen von wirtschaftlichem Know-How erfolgen.[1]

Inhalt

Aus Sicht der deutschen Wirtschaft wurden im Sinn eines „Rotationsprinzips“ junge ledige Männer gesucht, die nach einem Zeitraum von maximal zwei Jahren gegen „frische“ Kräfte ausgetauscht werden sollten. Weder den Unterzeichnerstaaten noch den angeworbenen Arbeitskräften war dabei klar, dass die als vorübergehend geplanten Aufenthalte der türkischen Arbeiter in Deutschland später deren Einwanderung begründen würden. Nichtsdestoweniger kamen die Arbeiter, trotz der in jeder einzelnen Anwerbevereinbarung festgeschriebenen Höchstaufenthaltsgrenze von zwei Jahren, nicht selten mit offenem Zeithorizont.

Das Anwerbeabkommen mit der Türkei enthielt darüber hinaus von Anfang an gegenüber den Anwerbeabkommen mit den westlichen Ländern einige Besonderheiten (die ähnlich für das Abkommen mit Tunesien und Marokko übernommen wurden):[2]

  • eine Anwerbung war ausschließlich für Unverheiratete vorgesehen,
  • ein Familiennachzug bzw. die Familienzusammenführung wurde im Abkommen ausgeschlossen,
  • eine Gesundheitsprüfung und eine Eignungsuntersuchung für die anzunehmende Arbeit,
  • eine Obergrenze für den Aufenthalt von 2 Jahren wurde festgeschrieben, eine Verlängerung ausgeschlossen,
  • die Arbeitnehmer sollten nur aus den europäischen Gebieten der Türkei stammen.

Am 30. September 1964 trat eine Neufassung des Abkommens in Kraft.

Folgen

Da lediglich der Bedarf der Wirtschaft nach Arbeitskräften erfüllt werden sollte, gab es keine Überlegungen oder gar Planungen hinsichtlich einer dauerhaften Ansiedlung der Zuwanderer. Von einigen Spezialisten wie etwa hochqualifizierten türkischen Fachärzten abgesehen, übernahmen die Arbeitsmigranten meist Stellen, für die sich keine Deutschen bewarben. Folglich fand ihr Einsatz in der Gesellschaft allgemeine Zustimmung. Eine mögliche Integration der Arbeiter und eine Auseinandersetzung mit ihrem Herkunftsland, ihren Traditionen und ihrer Religion schien nicht notwendig zu sein, da Arbeitskräfte nur kurzfristig benötigt wurden und im wirtschaftlichen Krisenfall wieder in ihre Heimat zurückkehren sollten.

Die Anwerbung endete mit dem am 23. November 1973 von der Bundesregierung beschlossenen generellen bzw. totalen Anwerbestopp, der sämtliche Anwerbeländer betraf. Zum Zeitpunkt des totalen Anwerbestopps 1973 befanden sich - nach 12 Jahren Anwerbeabkommen - ca. 500.000 bis 750.000 Türken in Deutschland.

Siehe auch

Weblinks

Belege

  1. Gerling, Vera: Soziale Dienste für zugewanderte Senioren/innen: Erfahrungen aus Deutschland, ISBN 9783831128037, S.78.
  2. Davy, Ulrike (Hg.): "Die Integration von Einwandern, rechtliche Regelungen im europäischen Vergleich", S. 340ff