„Der gefesselte Prometheus (Gemälde)“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Gemälde
[[Image:koeln_wrm_1044.jpg|thumb|left|upright=1.6|<center>'''„Der gefesselte Prometheus“'''</br>Jacob Jordaens,'''1640''',Öl auf Leinwand, 245x178cm</br>Wallraf-Richartz-Museum</br> & Fondation Corboud [InvNr.WRM 1044]</center>]]
| bilddatei=koeln_wrm_1044.jpg
| titel=Der gefesselte Prometheus (InvNr.WRM 1044)
| künstler=Jacob Jordaens
| jahr='''1640'''
| technik=Öl auf Leinwand
| höhe=245
| breite=178
| museum=Wallraf-Richartz-Museum
| }}


Das Gemälde '''„Der gefesselte Prometheus“''' des [[Antwerpen]]ers [[Jacob Jordaens]] (1593-1678) gehört zu den Ausstellungsstücken der Barockabteilung des [[Wallraf-Richartz-Museum — Fondation Corboud|Wallraf-Richartz-Museums]] in Köln.
Das Gemälde '''Der gefesselte Prometheus''' des [[Antwerpen]]ers [[Jacob Jordaens]] (1593-1678) gehört zu den Ausstellungsstücken der Barockabteilung des [[Wallraf-Richartz-Museum — Fondation Corboud|Wallraf-Richartz-Museums]] in Köln.


== Bildthema ==
== Beschreibung ==


Ein alternder, aber immer noch herkulischer [[Prometheus]] mit zum Todesschrei weit aufgerissenem Mund und Auge scheint rücklings in das große schwarze Loch des [[Hades]] hinabzustürzen. Um Hand- und Fußgelenke trägt er Eisenketten, deren eine noch mit dem Felsen verbunden ist. Ein Adler von übergroßer Flügelspannweite, mit seinem Schnabel auf die Leber des Opfers einhackend, bildet die Diagonale der Leinwand. Von oben rechts blickt der jugendliche Herold Hermes mit breitkrempigem Hut, dem [[Petasos]], herab. In der Linken trägt er den [[Hermesstab]], den ''Caduceus'', die Rechte umfasst einen begrünten Zweig, hinter dem er sich die ganze Zeit versteckt gehalten zu haben scheint.
Während im Jahre 1640 der [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährige Krieg]] durch Europa tobt, setzt Jakob Jordaens den Sturz des Titanen Prometheus in den Tartaros in einem [[Apokalypse|apokalyptischen]] Schreckensgemälde in Szene. Bereits vor den Seuchen und Hungersnöten hatte der just 1640 verstorbene Malerkollege [[Peter Paul Rubens]] das gleiche Motiv inszeniert, - nur fehlte in seinem vergleichsweise idyllischem Bild aus dem Jahre 1612 noch der sardonisch lächelnde Hermesstab.


== Bildbeschreibung ==
== Bildthema ==


Um 1640 inszeniert hier Jakob Jordaens den 'Höllensturz des Prometheus', ein beliebtes Motiv barocker [[Sujet]]malerei, auffallend ähnlich wie sein Kollege [[Peter Paul Rubens]] um 1612.
Ein alternder, aber immer noch herkulischer [[Prometheus]] mit zum Entsetzensschrei weit aufgerissenem Mund und Auge scheint rücklings in das große schwarze Loch des [[Todessymbolik|Hades]] hinabzustürzen. Um Hand- und Fußgelenke trägt er Eisenketten, deren eine noch mit dem Felsen verbunden ist. Ein Adler von übergroßer Flügelspannweite, in seinem Schnabel ein blutiges Stück von Prometheus' Leber, bildet die Diagonale der Leinwand. Von oben rechts her blickt eine jugendliche Gestalt auf das Schreckens[[szenario]] herab. Sie hat einen Hut auf dem Kopf, und trägt in der Linken einen seltsam geformten Stab. Die Rechte umfasst einen begrünten Zweig, hinter dem sie sich die ganze Zeit versteckt gehalten zu haben scheint. Die abgebildete Person ist unschwer als des Malers [[Interpretation|Interpretation]] jenes antiken Herolds zu erkennen, dessen breitkrempige Kopfbedeckung die Griechen ''[[Petasos]]'' nannten; die Römer bezeichneten die [[Zepter|Insignie]] ihres Merkur als ''[[Hermesstab|Caduceus]]''.


Prometheus zählt zum Göttergeschlecht der [[Titan (Mythologie)|Titanen]]. Den Titanen war die Herrschaft über die Welt von [[Zeus]] und seinen [[Olymp]]ischen Göttern entrissen worden. Während Titanen wie Atlas oder Typhon nach ihrer Niederlage gegen die olympischen Götter Sklavendienste leisten mussten, blieb Prometheus, der den Göttern erst diesen Sieg ermöglicht hatte, zunächst in Freiheit – bis er den Menschen das Feuer verriet:
== Bildkomposition ==

Formal orientiert sich Jordaens bei seinem Prometheus-Bild an Darstellungen der Kreuzigung [[Simon Petrus|Petri]], der mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde. Er teilt das Bild durch die Schwingen des Adlers in der Diagonalen. Die Figur des Prometheus wird dabei so ins Bild eingefügt, dass sein Körper - vor allem im Bereich der Beine - mit starken perspektivischen Verkürzungen abgebildet werden musste.[[Image:Peter Paul Rubens 032.jpg‎|thumb|210px|right|<center>»Prometheus Bound«</br> Peter Paul Rubens,'''1612''',95 7/8" x 82 1/2"</br>Philadelphia Museum of Art</br>The W.P. Wilstach Collection</center>]]

== Prometheus im Mythos ==

Prometheus zählt zum Altgöttergeschlecht der [[Titan (Mythologie)|Titanen]], deren Herrschaft über die Welt von dem [[Olymp]]götterschlecht zerstört und abgelöst wurde. Während seine Brüder Atlas und Typhon nach ihren Fällen<ref>Der Sturz der Titanen wird von [[Hesiod]] ähnlich beschrieben wie der Olympfall des Hephaistos von [[Homer]] (Ilias I,591ff).</ref> Sklavenarbeiten leisten mußten, blieb Prometheus, nachdem er den Neugöttern durch kluge Ratschläge den Sieg ermöglicht hatte, zunächst unbehelligt – bis er den Menschen das Feuer verriet:
{{Zitat|Sehet was bei Göttern leid' ich Gott!|[[Aischylos]]|
{{Zitat|Sehet was bei Göttern leid' ich Gott!|[[Aischylos]]|
''Der gefesselte Prometheus 92''}}
''Der gefesselte Prometheus 92''}}
spricht er nach jahrtausendelangem Schweigen zu eben jenen fünf Elementen, aus denen er als Gott einst den Menschen gemacht hatte.<ref>[[Aischylos]] ''[[Der gefesselte Prometheus (Aischylos)|Prometeús desmótes]]'' 92: ἴδεσθέ μ' οἷα πρὸς θεῶν πάσχω θεός [http://www.perseus.tufts.edu/cgi-bin/ptext?doc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0009;layout=;query=92;loc=88 Online]</ref>
spricht er nach jahrtausendelangem Schweigen zu eben jenen fünf Elementen, aus denen er als Gott einst den Menschen gemacht hatte.<ref>[[Aischylos]] ''[[Der gefesselte Prometheus (Aischylos)|Prometeús desmótes]]'' 92: ἴδεσθέ μ' οἷα πρὸς θεῶν πάσχω θεός [http://www.perseus.tufts.edu/cgi-bin/ptext?doc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0009;layout=;query=92;loc=88 Online]</ref> [[Image:Peter Paul Rubens 032.jpg‎|thumb|180px|right|Der gefesselte Prometheus, Peter Paul Rubens, '''1612''', Philadelphia Museum of Art]]
Der Dichter Aischylos kannte also offenbar die Spekulation der [[Pythagoreer]] seiner Zeit, wonach die Seele ein „[[Quintessenz (Philosophie)|Äther]]-Stück“<ref name="ApospasmaAitheros">gr.: »psychen einai apospasma tou aitheros kai athanaton« (Diogenes Laertius, VIII, 26-28) [http://www.perseus.tufts.edu/cgi-bin/ptext?doc=Perseus%3Atext%3A1999.04.0057%3Aentry%3D%232325 »αἰθήρ« Online]</ref> wäre, und hat sie mit dem uralten Mythos verwoben, der Mensch sei ein Geschöpf, welches der [[Demiurg]] Prometheus aus [[Vier-Elemente-Lehre|Feuer, Wasser, Luft und Erde]] erschaffen habe.
Der Dichter Aischylos kannte also offenbar die Spekulation der [[Pythagoreer]] seiner Zeit, wonach die Seele ein „[[Quintessenz (Philosophie)|Äther]]-Stück“<ref name="ApospasmaAitheros">gr.: »apóspasma aithéros«</ref> wäre, und hat sie mit dem uralten Mythos verwoben, der Mensch sei ein Geschöpf, welches der [[Demiurg]] Prometheus aus [[Vier-Elemente-Lehre|Feuer, Wasser, Luft und Erde]] erschaffen habe.


Und der Schöpfer liebte seine Geschöpfe. Als festgelegt wurde, welche Teile des Opfertieres für die Götter und welche für die Menschen bestimmt sein sollten, ergriff Prometheus Partei für seine Menschen und half ihnen, die Götter zu überlisten. Er umwickelte nämlich die wertlosen Teile des Opfertieres mit einem üppigen Stück Fett, das damals noch kostbar war. Auf die guten Stücke legte er hingegen Knochen. Die Götter erkannten zwar den Betrug, sie nahmen ihn aber hin. Diesen Opferbetrug illustriert der Fellsack mit den Knochen, rechts im Bilde. Schon diese Tat machte Prometheus den Olympischen Göttern suspekt.[[Image:Dirck van Baburen - Prometheus door Vulcanus geketend.jpg|thumb|x200px|left|<center>Vulcan-Prometheus-Merkur</br> [[Dirck van Baburen]],'''1623'''</br>Rijksmuseum Amsterdam</center>]]
Und der Schöpfer liebte seine Geschöpfe. Als festgelegt wurde, welche Teile des Opfertieres für die Götter und welche für die Menschen bestimmt sein sollten, ergriff Prometheus Partei für seine Menschen und half ihnen, die Götter zu überlisten. Er umwickelte nämlich die wertlosen Teile des Opfertieres mit einem üppigen Stück Fett, das damals noch kostbar war. Auf die guten Stücke legte er hingegen Knochen. Die Götter erkannten zwar den Betrug, sie nahmen ihn aber hin. Diesen Opferbetrug illustriert der Fellsack mit den Knochen, rechts im Bilde. Schon diese Tat machte Prometheus den Olympischen Göttern suspekt.


Den Menschen aber, die Prometheus geschaffen hatte, fehlten noch besondere Eigenschaften. Sie hatten keine starken Zähne und waren weder besonders schnell noch besonders stark. Daher stahl Prometheus für die Menschen im Himmel ''des Feuers Glut, das alle Künste schafft'', wie Aischylos schreibt.
Den Menschen aber, die Prometheus geschaffen hatte, fehlten noch besondere Eigenschaften. Sie hatten keine starken Zähne und waren weder besonders schnell noch besonders stark. Daher stahl Prometheus für die Menschen im Himmel ''des Feuers Glut, das alle Künste schafft'', wie Aischylos schreibt. An diese Tat des Titanen erinnert die brennende Fackel, links im Bild in der Höhe von Prometheus' Kopf. Die Büste, rechts im Bilde neben der Opfergabe, deutet auf Prometheus' Rolle als Menschenschöpfer hin. [[Image:Dirck van Baburen - Prometheus door Vulcanus geketend.jpg|thumb|x200px|left|Vulcan kettet Prometheus im Beisein von Merkur, [[Dirck van Baburen]], '''1623''', Rijksmuseum Amsterdam]]


Mit der Übergabe des Feuers an die Menschen beging Prometheus - aus der Sicht der olympischen Götter - einen großen [[Hybris|Frevel]], denn durch das Feuer wurden die Menschen den Göttern noch ähnlicher. Zeus strafte Prometheus dafür, indem er ihn von Kratos, Bia und Hephaistos an den [[Kaukasus]] ketten ließ und tagtäglich seinen Adler schickte, der von seiner Leber fraß. Dies tötete ihn jedoch nicht, da seine Leber sich nachts immer wieder regenerierte. Diesen Augenblick des allergrößten Leidens wählte der Maler Jakob Jordaens für sein Bild. Er verzichtete dabei auf übermäßige Blutströme und klaffende Wunden. [[Image:Paradise Lost 12.jpg|thumb|right|x250px|<center>„Luzifers Fall“</br>[[Gustave Doré]],1866</br>Illustration für das Buch</br>»Paradise Lost«</br>von [[John Milton]] (<b>1608-1674</b>)</center>]]
Mit der Übergabe des Feuers an die Menschen beging Prometheus - aus der Sicht der olympischen Götter - einen großen Frevel, denn durch das Feuer wurden die Menschen den Göttern noch ähnlicher. Zeus strafte Prometheus dafür, indem er ihn im [[Kaukasus]] an einen Felsen schmieden ließ und ihm täglich einen Adler schickte, der an seiner Leber fraß. Dies verursachte dem Prometheus unvorstellbare Schmerzen, tötete ihn jedoch nicht, da seine Leber stetig nachwuchs. Diesen Augenblick des allergrößten Leidens wählte der Maler Jakob Jordaens für sein Bild. Er verzichtete dabei auf übermäßige Blutströme und klaffende Wunden. Die Qual und das Leiden Prometheus' wird durch seinen Körper, durch seine angespannten Muskeln und vor allem durch sein vom Schmerz verzerrtes, hochrotes Gesicht glaubhaft gemacht.


== Komposition ==


Formal orientiert sich Jordaens bei seinem Prometheus-Bild an Darstellungen der Kreuzigung [[Simon Petrus|Petri]], der mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde. Er teilt das Bild durch die Schwingen des Adlers in der Diagonalen. Die Figur des Prometheus wird dabei so ins Bild eingefügt, dass sein Körper - vor allem im Bereich der Beine - mit starken perspektivischen Verkürzungen abgebildet werden musste. Damit stellte Jordaens dem Betrachter sein malerisches Können unter Beweis.
== Prometheus-Mythos und [[Luzifer|Luzifer]]-Legende ==


== Deutung ==
Das rechts oben im Bild herumliegende, steinerne Idol verunglimpft die Menschenschöpferei des Prometheus als Menschengötzendienerei. Der jugendliche Hermes wirkt wie ein Zwitter aus Erzengel [[Michael]] und Erzherold. Die verglimmende Fackel unten links im Bild scheint ihr nachtfahles Höllenlicht über die ganze Szenerie zu verbreiten.

Der in revolutionären Zeitläuften heroisierte Bannerträger des Fortschritts wird in dem von Religionskriegen heimgesuchten Europa des 17. Jahrhunderts offenbar als ein gefallener [[Walter Benjamin|„Engel der Geschichte“]] perhorresziert.
Eine Antwort auf die Frage nach der Deutung dieses Bildes kann nur sehr vorsichtig gegeben werden. Prometheus wurde nämlich im 16. und 17. Jahrhundert keineswegs einhellig beurteilt. Die Bewertung des Titanen und seiner Taten schwankte zwischen Bewunderung und gänzlicher Ablehnung. Er galt mitnichten als unschuldig Leidender. Vielmehr sah man in ihm einen dämonischen [[Luzifer]], der es verstanden hatte, den höchsten Gott zu täuschen. Eine tiefer Sturz konnte da nicht ausbleiben.


== Weblinks ==
== Weblinks ==


*„Der gefesselte Prometheus“ [http://www.zeno.org/Kunstwerke.images/I/74e185a.jpg Auflösung: 721 x 1000]
*Der gefesselte Prometheus [http://www.zeno.org/Kunstwerke.images/I/74e185a.jpg Auflösung: 721 x 1000]
*»The Fallen Angel« [http://www.spiritrestoration.org/Church/Satan/Lucifer.htm spiritrestoration]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:17. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Antikenrezeption]]

Version vom 31. Januar 2008, 02:47 Uhr

Der gefesselte Prometheus (InvNr.WRM 1044) (Jacob Jordaens)
Der gefesselte Prometheus (InvNr.WRM 1044)
Jacob Jordaens1640
Öl auf Leinwand
245 × 178 cm
Wallraf-Richartz-Museum
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Das Gemälde Der gefesselte Prometheus des Antwerpeners Jacob Jordaens (1593-1678) gehört zu den Ausstellungsstücken der Barockabteilung des Wallraf-Richartz-Museums in Köln.

Beschreibung

Ein alternder, aber immer noch herkulischer Prometheus mit zum Todesschrei weit aufgerissenem Mund und Auge scheint rücklings in das große schwarze Loch des Hades hinabzustürzen. Um Hand- und Fußgelenke trägt er Eisenketten, deren eine noch mit dem Felsen verbunden ist. Ein Adler von übergroßer Flügelspannweite, mit seinem Schnabel auf die Leber des Opfers einhackend, bildet die Diagonale der Leinwand. Von oben rechts blickt der jugendliche Herold Hermes mit breitkrempigem Hut, dem Petasos, herab. In der Linken trägt er den Hermesstab, den Caduceus, die Rechte umfasst einen begrünten Zweig, hinter dem er sich die ganze Zeit versteckt gehalten zu haben scheint.

Bildthema

Um 1640 inszeniert hier Jakob Jordaens den 'Höllensturz des Prometheus', ein beliebtes Motiv barocker Sujetmalerei, auffallend ähnlich wie sein Kollege Peter Paul Rubens um 1612.

Prometheus zählt zum Göttergeschlecht der Titanen. Den Titanen war die Herrschaft über die Welt von Zeus und seinen Olympischen Göttern entrissen worden. Während Titanen wie Atlas oder Typhon nach ihrer Niederlage gegen die olympischen Götter Sklavendienste leisten mussten, blieb Prometheus, der den Göttern erst diesen Sieg ermöglicht hatte, zunächst in Freiheit – bis er den Menschen das Feuer verriet:

„Sehet was bei Göttern leid' ich Gott!“

Aischylos: Der gefesselte Prometheus 92

spricht er nach jahrtausendelangem Schweigen zu eben jenen fünf Elementen, aus denen er als Gott einst den Menschen gemacht hatte.[1]

Der gefesselte Prometheus, Peter Paul Rubens, 1612, Philadelphia Museum of Art

Der Dichter Aischylos kannte also offenbar die Spekulation der Pythagoreer seiner Zeit, wonach die Seele ein „Äther-Stück“[2] wäre, und hat sie mit dem uralten Mythos verwoben, der Mensch sei ein Geschöpf, welches der Demiurg Prometheus aus Feuer, Wasser, Luft und Erde erschaffen habe.

Und der Schöpfer liebte seine Geschöpfe. Als festgelegt wurde, welche Teile des Opfertieres für die Götter und welche für die Menschen bestimmt sein sollten, ergriff Prometheus Partei für seine Menschen und half ihnen, die Götter zu überlisten. Er umwickelte nämlich die wertlosen Teile des Opfertieres mit einem üppigen Stück Fett, das damals noch kostbar war. Auf die guten Stücke legte er hingegen Knochen. Die Götter erkannten zwar den Betrug, sie nahmen ihn aber hin. Diesen Opferbetrug illustriert der Fellsack mit den Knochen, rechts im Bilde. Schon diese Tat machte Prometheus den Olympischen Göttern suspekt.

Den Menschen aber, die Prometheus geschaffen hatte, fehlten noch besondere Eigenschaften. Sie hatten keine starken Zähne und waren weder besonders schnell noch besonders stark. Daher stahl Prometheus für die Menschen im Himmel des Feuers Glut, das alle Künste schafft, wie Aischylos schreibt. An diese Tat des Titanen erinnert die brennende Fackel, links im Bild in der Höhe von Prometheus' Kopf. Die Büste, rechts im Bilde neben der Opfergabe, deutet auf Prometheus' Rolle als Menschenschöpfer hin.

Vulcan kettet Prometheus im Beisein von Merkur, Dirck van Baburen, 1623, Rijksmuseum Amsterdam

Mit der Übergabe des Feuers an die Menschen beging Prometheus - aus der Sicht der olympischen Götter - einen großen Frevel, denn durch das Feuer wurden die Menschen den Göttern noch ähnlicher. Zeus strafte Prometheus dafür, indem er ihn im Kaukasus an einen Felsen schmieden ließ und ihm täglich einen Adler schickte, der an seiner Leber fraß. Dies verursachte dem Prometheus unvorstellbare Schmerzen, tötete ihn jedoch nicht, da seine Leber stetig nachwuchs. Diesen Augenblick des allergrößten Leidens wählte der Maler Jakob Jordaens für sein Bild. Er verzichtete dabei auf übermäßige Blutströme und klaffende Wunden. Die Qual und das Leiden Prometheus' wird durch seinen Körper, durch seine angespannten Muskeln und vor allem durch sein vom Schmerz verzerrtes, hochrotes Gesicht glaubhaft gemacht.

Komposition

Formal orientiert sich Jordaens bei seinem Prometheus-Bild an Darstellungen der Kreuzigung Petri, der mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde. Er teilt das Bild durch die Schwingen des Adlers in der Diagonalen. Die Figur des Prometheus wird dabei so ins Bild eingefügt, dass sein Körper - vor allem im Bereich der Beine - mit starken perspektivischen Verkürzungen abgebildet werden musste. Damit stellte Jordaens dem Betrachter sein malerisches Können unter Beweis.

Deutung

Eine Antwort auf die Frage nach der Deutung dieses Bildes kann nur sehr vorsichtig gegeben werden. Prometheus wurde nämlich im 16. und 17. Jahrhundert keineswegs einhellig beurteilt. Die Bewertung des Titanen und seiner Taten schwankte zwischen Bewunderung und gänzlicher Ablehnung. Er galt mitnichten als unschuldig Leidender. Vielmehr sah man in ihm einen dämonischen Luzifer, der es verstanden hatte, den höchsten Gott zu täuschen. Eine tiefer Sturz konnte da nicht ausbleiben.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Aischylos Prometeús desmótes 92: ἴδεσθέ μ' οἷα πρὸς θεῶν πάσχω θεός Online
  2. gr.: »apóspasma aithéros«