„Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg“ – Versionsunterschied

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== Literatur ==
== Literatur ==
* Philipp Heyde: Das Ende der Reparationen, Deutschland, Frankreich und der Youngplan, Schöningh 1998
*P. Krüger: ''Deutschland und die Reparationen 1918/19'', Stuttgart, 1973
*P. Krüger: ''Deutschland und die Reparationen 1918/19'', Stuttgart, 1973
*R.E. Bunselmeyer: ''The Cost of War of 1914-1919. British Economic War Aims and the Origins of Reparations'', Hamden, Conn., 1975
*R.E. Bunselmeyer: ''The Cost of War of 1914-1919. British Economic War Aims and the Origins of Reparations'', Hamden, Conn., 1975

Version vom 15. August 2004, 18:46 Uhr

Auf Grund des "Kriegsschuldartikels" 231 des Versailler Vertrages musste Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg Reparationen zahlen. Die endgültige Höhe und Dauer der Reparationen war im Versailler Vertrag nicht festgelegt, sondern sollte von einer mit weitreichenden Kontrollfunktionen ausgestatteten Reparationskommission ohne deutsche Beteiligung festgesetzt werden, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands überwachen sollte.

Die Verringerung, Verschiebung und endgültige Beendigung der Reparationszahlungen war das vorrangige Ziel der deutschen Außenpolitik. Vor allem Gustav Stresemann und Heinrich Brüning brachten Deutschland dem Ziel näher, ohne aber daran beteiligt zu werden.

Aus heutiger Sicht stellten die tatsächlichen deutschen Reparationsleistungen selbst in den schwersten Jahren der Weimarer Republik kein wirkliches Hindernis für einen wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem verlorenen 1. Weltkrieg dar. Da sie jedoch im Zusammenhang mit der deutschen Kriegsschulddebatte standen und gleichzeitig die deutsche Wirtschaft von Krediten der USA abhängig machten, versuchten die Regierungen der Weimarer Republik die Forderungen zu mindern bzw. zu beseitigen. So wurden sie zu einer fortwährenden politischen Belastung, weil sowohl die Parteien und Verbände der extremen politischen Rechten als auch die KPD sie zur Agitation gegen die Weimarer Republik einsetzten.

Letztlich haben sie eher politisch als ökonomisch zur Instabilität der ersten deutschen Demokratie beigetragen.

Positionen der Siegermächte

Die USA unter Präsident Thomas Woodrow Wilson wollten Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus und eine stabile Situation in Europa (siehe: 14-Punkte Programm), allerdings wollten sie auch eine Rückzahlung der Kriegskredite, die sie den Europäern (England, Frankreich, Italien) gewährt hatten. In den USA wurde der Vertrag von Versaille kritisiert. Da der Großteil der Reparationen letztendlich in die USA floss hatten sie den größten Einfluss auf die Entwicklung der Zahlungen. Die USA zogen sich aus Europa zurück und traten auch nicht dem von Wilson initiierten Völkerbund bei. 1923 beendeteten die Vereinigten Staaten ihre freiwillige Isolation und geben im Rahmen des Dawes-Plans,an dem sie maßgeblich beteiligt waren, Kredite an Deutschland. 1931 ging vom amerikanischen Präsident das Hoover-Moratorium aus.

Großbritannien unter Premierminister David Lloyd George hatte eine ähnliche Position. Sie wollten Deutschland als Schutz gegen den Kommunismus, in Europa eine "Balance of Powers" und sie brauchten die Reparationen, um die Kredite an die USA zurückzahlen zu können. Der Versailler Vertrag wurde in Großbritannien abgelehnt. Es beteiligte sich nicht an der Ruhrbesetzung sondern verurteilte sie als Vertragsbruch.

Frankreich unter Ministerpräsident Raymond Poincaré war primär an einer Schwächung Deutschlands, gegen das es viele Kriege geführt hatte, und einer Stärkung der eigenen Position in Europa interessiert, so dass es hohe Forderungen erhob und hartes Durchgreifen anmahnte. Frankreich wollte auch die Kontrolle über die Industriegebiete im Westen Deutschlands. In Frankreich standen sich Poincaré mit einer kompromisslosen Haltung und Aristide Briand, der sich für eine Verständigung mit Deutschland einsetzte, gegenüber. Bei der Ruhrbesetzung war Frankreich unter Poincaré die treibende Kraft. Von 1925 bis 1929 arbeitete Briand als Außenminister eng mit Gustav Stresemann zusammen und es entstand der Vertrag von Locarno. Die Bevölkerung war für einen harten Kurs gegenüber Deutschland, so dass Briand keine großen Zugeständnisse machen konnte, die Stresemann den Rücken gegenüber den radikalen Parteien gestärkt hätten. 1931 war Frankreich als einziges Land gegen das Hoover-Moratorium und wurde damit isoliert.

Die Position der USA und der Versailler Vertrag wurden (zum Beispiel von John Maynard Keynes) kritisiert, da es keine Regelungen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas gab.

Erste Forderungen

Bereits im Versailler Vertrag war festgelegt, dass Deutschland 20 Milliarden Goldmark bis April 1921 zahlen muss.

Im April stellte der Oberste Alliierte Vertrag fest, dass Deutschland mit den Kohlelieferungen und mit den Zahlungen in Rückstand ist.

Im Juni 1920 forderten die Alliierten auf der Konferenz von Boulogne 296 Milliarden Goldmark in 42 Jahresraten.

Auf der Konferenz von Spa im Juli 1920 drohten die Alliierten mit der Besetzung des Ruhrgebiets, falls die Forderungen nicht erfüllt werden, zum ersten Mal waren die deutschen an der Konferenz beteiligt.

1921 verlangten die Siegermächte auch, dass die beiden neuen DELAG-Luftschiffe LZ120 und LZ121 ausgeliefert werden. Teils auf ausdrückliches Verbot der Alliierten hin kam so die deutsche Zeppelin-Luftfahrt vorübergehend zum Stillstand. 1924 lieferte Deutschland das Amerikaluftschiff an die USA-ebenfalls als Reparation.

Am 29. Januar 1921 forderten die Alliierten in Paris 269 Mrd. Goldmark in 42 Jahresraten. Der Reichstag lehnte diese Forderungen ab und die Alliierten besetzten, nachdem sie einen Vorschlag Deutschlands von 50 Mrd. abgelehnt hatten, Ruhrort, Duisburg und Düsseldorf.

Es kam zu einer schweren Regierungskrise und am 4. Mai trat die Regierung Fehrenbach zurück, da die DVP die Verantwortung für die Reparationen nicht tragen wollte. Die Regierungskrise nutzte die KPD für einen Putschversuch durch Arbeiteraufstände in Hamburg und Mitteldeutschland, der von der Polizei niedergeschlagen wurde. Verbände von polnischen Freiwilligen rückten am 2. Mai 1921 ohne Widerstand der französischen Besatzer in Oberschlesien ein. Freikorps schlugen sie zurück, aber das Gebiet in dem nach einem Volksentscheid 60% für einen Verbleib bei Deutschland waren, musste abgetreten werden.

Lloyd George übergab am 5. Mai 1921 dem deutschen Botschafter in London die neuen Forderungen der Alliierten von 132 Mrd. Goldmark in 66 Jahresraten. Die Raten dazu betrugen 2 Mrd. Goldmark. Deutschland musste außerdem 26% des Wertes seiner Ausfuhr, an die Alliierten abgeben. Die Forderungen waren begleitet vom Londoner Ultimatum der Alliierten. Bei Nichtannahme der Forderungen innerhalb von 6 Tagen drohten die Alliierten darin, das Ruhrgebiet zu besetzen. Im Ultimatum wurde außerdem die im Versailler Vertrag festgeschriebene Auslieferung von Kriegsverbrechern und Demilitarisierung gefordert.


Die Regierung unter Reichskanzler Joseph Wirth sah sich gezwungen die Forderungen einen Tag nach Amtsübernahme am 11. Mai zu akzeptieren. Dieses "Erfüllungspolitik" wurde von den Rechten heftig kritisiert. Matthias Erzberger versuchte als Finanzminister, die Reparationen zu erfüllen und wurde deshalb von Mitgliedern der Organisation Consul ermordet.


Die USA ratifizierten den Versailler Vertrag nicht und erhoben keinen Anspruch auf Reparationen, Frankreich sollte 52% Großbritannien 22%, Italien 10% und Belgien 8% der Reparationen erhalten, der Rest wurde auf andere Staaten verteilt.

Einigung mit der Sowjetunion

Im Vertrag von Rapallo verzichteten Deutschland und die Sowjetunion darauf, von der anderen Seite Entschädigungen zu fordern. Der Vertrag verärgerte die Westmächte und war damit ein Grund für die Ruhrbesetzung.

Ruhrbesetzung

Als Deutschland mit den Reparationen in Verzug kam, rückten französische und belgische Truppen anfang 1923 ins Ruhrgebiet ein.

Inflation

Die Reparationen trugen zur Inflation in Deutschland insofern bei, dass mehr Geld gedruckt wurde um zum Beispiel den Ruhrkampf zu unterstützen, und dass die maßgeblichen Akteure des sog. "Inflationskartells" innenpolitisch die wachsende Geldentwertung den Reparationen anlasteten und außenpolitisch mit Verweis auf die Inflation den Siegermächten klar machen wollten, das Deutsche Reich sei nicht so leistungsfähig. 1923 war die Stabilisierung der Reichsmark eine Vorbedingung für die Neuverhandlung der Reparationsforderungen.

Dawes-Plan

Erst auf Druck Großbritanniens und der USA lenkte Frankreich im Herbst 1923 nach der Währungsreform und Beendung der Inflation ein und es entstand 1924 der Dawes-Plan. In ihm wurde unter anderem die Höhe der Forderungen (anfangs 1 Mrd. pro Jahr, später 2,5 Mrd. pro Jahr) gesenkt. Ein Ende der Zahlungen wurde noch nicht festgesetzt. Zur Regelung der Reparationen wurde ein "Reparationsagent" mit Sitz in Berlin eingesetzt, außerdem flossen Kredite aus den USA nach Deutschland. Bereits im Brief von Stresemann an Kronprinz Wilhelm vom 7. September 1925 schreibt er, dass Deutschland ab 1927 nicht mehr in der Lage sein wird, die Forderungen zu erfüllen.

Young-Plan

1926 diskutieren der französische Außenminister Aristide Briand und sein deutscher Kollege Gustav Stresemann in Thoiry unter anderem über die Räumung des Rheinlandes und eine vorzeitige Zahlung von Reparationen, die Frankreich die Möglichkeit gibt seine Finanzkrise zu bekämpfen. Vor allem Briand kann seine Vorstellungen zu Hause nicht durchsetzen.

1929 wurde im Young-Plan die Dauer der Reparationszahlungen auf 59 Jahre (also bis 1988) festgesetzt. Insgesamt sollte Deutschland nach diesem Plan 112 Mrd. Goldmark bis 1988 zahlen. Die Rechte versuchte den Young-Plan mit einem Volksentscheid zu verhindern. Der Volksentscheid hilft Adolf Hitler in die Politik zurückzukehren. Bei der Feier zur Räumung des Rheinlandes wurde Gustav Stresemann nicht erwähnt.

Ende der Reparationszahlungen

1931 machte der amerikanische Präsident Herbert Hoover auf Grund der Weltwirtschaftskrise den Vorschlag, alle zwischenstaatlichen Schulden für ein Jahr ruhen zu lassen und es kam zum Hoover-Moratorium. Deutschland wurde auf Grund der Abhängigkeit von den amerikanischen Krediten, die es nach dem Dawes-Plan erhalten hatte, und zu Beginn der Krise abgezogen wurde, besonders von der Krise getroffen.

Im Juli 1932, auf der Konferenz von Lausanne, wurden die Reparationszahlungen gegen eine Endzahlung von 3 Mrd. Goldmark beendet. Der Vertrag wurde von den Staaten nie ratifiziert, weswegen auch die Abschlusszahlung nie geleistet wurde. Dies war nicht etwa Hitler, wie vielfach behauptet, zu verdanken, sondern geht vor allem auf die strikte Deflationspolitik von Reichskanzler Brüning zurück. Diese Deflationspolitik war sozial unausgewogen und wurde daher von der SPD im Reichstag abgelehnt. Als Brüning sie mit Hilfe von Notverordnungen durchsetzte war dies der endgültige Beginn der Präsidialkabinette. Die Politik war sehr unpopulär und Brüning war bei dem Ende der Reparationszahlungen schon durch Franz von Papen abgelöst. Das Ende der Zahlungen ermöglichte der Regierung ohne außenpolitische Konsequenzen den Preußenschlag durchzuführen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Londoner Schuldenabkommen die weitere Rückzahlung geregelt und die Schulden halbiert. Bis etwa 1983 zahlte die Bundesrepublik 14 Mrd. DM Schulden zurück. Allerdings wurden Zinsen in Höhe von 251 Millionen Mark aus den Jahren 1945 bis 1952 bis zur Wiedervereinigung Deutschlands ausgesetzt und schließlich im Jahre 1990 fällig. Die Bundesregierung gab darauf Fundierungsanleihen aus, die bis 2010 aus dem Bundeshaushalt getilgt werden. Tilgung und Zinsen betragen pro Jahr etwa 4 Millionen Euro.

Literatur

  • Philipp Heyde: Das Ende der Reparationen, Deutschland, Frankreich und der Youngplan, Schöningh 1998
  • P. Krüger: Deutschland und die Reparationen 1918/19, Stuttgart, 1973
  • R.E. Bunselmeyer: The Cost of War of 1914-1919. British Economic War Aims and the Origins of Reparations, Hamden, Conn., 1975

Weblinks