Orchideenfach

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Orchideenfach ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für ein ausgefallenes, ungewöhnliches, seltenes Studienfach[1][2], das nur an wenigen Universitäten in Deutschland gelehrt oder nur von wenigen Studenten belegt wird.[3][4][5]. Das Gegenteil eines Orchideenfaches ist das Massenfach.

Etymologie

Orchideen sind in der westlichen Kultur mit die frühesten und bekanntesten Luxuszierpflanzen. Sie benötigen viel Pflegeaufwand und haben keinen praktischen Nutzen. Dies führte zu der Analogie ein aufwendiges Studienfach, welches wenig konkreten Nutzen hat, als Orchideenfach zu bezeichnen.[6][4]

Charakteristik

Orchideenfächer besitzen meist einen hohen Spezialisierungsgrad[7] und bieten aufgrund der geringen Studentenzahlen eine gute Betreuungsrelation (zahlenmäßiges Verhältnis von Dozenten zu Studenten).[8] Im Regelfall besteht kein Numerus clausus auf diesen Fächern.

Der Begriff Orchideenfach wird nicht nur auf Studiengänge oder Fachbereiche selbst angewandt, sondern auch auf seltene oder exotische Spezialisierungen innerhalb eines Faches. So wurde im frühen 20. Jahrhundert die Quantenphysik als Orchideenfach innerhalb der Physik angesehen. Im Schulbereich wird der Begriff auch für seltene oder unübliche Schulfächer verwendet, die aber im Hochschulbereich keineswegs den Status einen Orchideenfaches besitzen müssen. Auch wird der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch im übertragenen Sinne für eine exotische Disziplin oder Wissensgebiet gebraucht.

Kritik

In der Kritik stehen diese Fächer oft von den geldgebenden Stellen. Es wird kritisiert, dass es sich wirtschaftlich nicht lohne, einen Professor und seine Mitarbeiter für so wenige Studenten zu bezahlen. In diesem Zusammenhang wird Orchideenfach auch als abwertender Begriff für einen Studiengang verwendet, dem man Weltfremdheit, mangelnden gesellschaftlichen Nutzen und fehlende Berufsperspektiven unterstellt und ihn daher auch mit hoher Arbeitslosigkeit assoziiert.[7]

Beispiele

Aktuelle Beispiele für Orchideenfächer sind Sorabistik[9], Onomastik[10][11], Afrikanistik[7], Christliche Archäologie[12], Keltologie[5], Tibetologie[5], Kristallographie[5] und Diakoniewissenschaften[13]. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Einordnung eines Faches als Orchideenfach aufgrund sich verändernder Studienangebote und Belegzahlen ändern kann. So wurden zu Beginn der 70-er Jahre Studiengänge im Bereich der Kulturpädagogik oft als Orchideenfächer betrachtet, was seit den 80-er Jahren jedoch nicht mehr der Fall ist.[14] Weitere Beispiele für eine solche veränderte Einordnung sind die Sinologie und die Meteorologie, die zu Beginn der 70-er Jahre ebenfalls als Orchideenfächer angesehen wurden.[7][15][16] Noch im 18. Jahrhundert hatten auch die Physik und Chemie den Ruf eines Orchideenfaches.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Orchideenfach. in: Der Duden. Deutsches Universalwörterbuch. 6.Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007. ISBN 3-411-05506-5
  2. Kleines Uni-ABC der Fachschaft Psychologie (Uni Bonn)
  3. Orchideenfach
  4. a b Orchideenfach im Uni-Dschungel-Glossar
  5. a b c d Affengriff & Zwiebelfisch. Aus dem Tier- und Pflanzenreich entlehnte Begriffe. In: Der Code-Knacker - Lexikon der Codes. Abgerufen am 24. Juli 2009.
  6. Orchideen-Blüte an den Unis. in: Der Standard. Wien 2008, 26.5. (online vom 28. Mai).
  7. a b c d Was ist ein Orchideenfach. in: Hamburger Abendblatt. Hamburg 2006, 2. Sept.
  8. Julian Nida-Rümelin: Die hochschulpolitische Lage und die Zukunft der Geisteswissenschaften in Deutschland. in: Aus Politik und Zeitgeschehen. Sonderheft Hochschulpolitik. Beilage zu „Das Parlament“. Heft 48/2006.
  9. Christian Werner: ORCHIDEENFACH SORABISTIK. Bloß keine Ostereier auf Spiegel Online vom 27. Mai 2005
  10. Carsten Heckmanm: ORCHIDEENFACH ONOMASTIK. Auf dem Friedhof der Wörter auf Spiegel Online vom 27. Juni 2001
  11. Steffen Winter: Orchideenfach Namensforschung. Sie darf Schokominza heißen! auf Spiegel Online vom 14. Januar 2010
  12. Uni Bonn erhält Stiftungsprofessur für Christliche Archäologie. In: Informationsdienst Wissenschaft. Abgerufen am 24. Juli 2009.
  13. Kilian Kirchgeßner: Orchideenfächer. Die guten Manager in: Die Zeit. Hamburg 11. Juli 2007.
  14. Bernd Wagner: Vom Orchideenfach zum Numerus Clausus. Hochschulstudienangebote für kulturelle Praxisfelder. In: Werner Thole, Peter Cloos: Kultur – Pädagogik studieren. Georg Olms, Hildesheim 1997. ISBN 3-487-10505-5
  15. Philipp Bleckmann: Die chinesische Sprache – Schwierig, aber nicht unmöglich. In: China Heute. Abgerufen am 24. Juli 2009.
  16. Pressemitteilung der Uni Hamburg vom 1. April 2005