„Petitio Principii“ – Versionsunterschied

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Eine '''{{lang|la|Petitio principii}}''' (lat. „Inanspruchnahme des Beweisgrundes“; engl. „begging the question“), auch '''{{lang|la|circulum in demonstratio}}''' und '''{{lang|la|circulum in probando}}''' ist ein [[Scheinbeweis]], bei dem eine Behauptung durch Aussagen begründet wird, welche die zu beweisende Behauptung schon als wahr voraussetzen. Dies kann zum einen explizit geschehen, wenn die Behauptung als [[Schlussfolgerung|Konklusion]] eines Arguments vorliegt, in dem sie selbst als [[Prämisse]] vorkommt, zum anderen implizit, indem die Konklusion kein expliziter Bestandteil des Arguments ist, sondern stillschweigend angenommen wird.
Eine '''{{lang|la|Petitio principii}}''' (lat. „Inanspruchnahme des Beweisgrundes“; engl. „begging the question“), auch '''{{lang|la|circulus in demonstrando}}''' und '''{{lang|la|circulus in probando}}''' ist ein [[Scheinbeweis]], bei dem eine Behauptung durch Aussagen begründet wird, welche die zu beweisende Behauptung schon als wahr voraussetzen. Dies kann zum einen explizit geschehen, wenn die Behauptung als [[Schlussfolgerung|Konklusion]] eines Arguments vorliegt, in dem sie selbst als [[Prämisse]] vorkommt, zum anderen implizit, indem die Konklusion kein expliziter Bestandteil des Arguments ist, sondern stillschweigend angenommen wird.


Eine Besonderheit der petitio principii besteht darin, dass sie ein [[Aussagenlogik|aussagenlogisch]] [[Gültigkeit#Logische_Gültigkeit_eines_Schlusses|gültiger Schluss]] ist: Aus jeder beliebigen Aussage folgt fraglos diese selbst. Ein Fehlschluss aus logischen Gründen liegt also nicht vor, aber eine selbstbezügliche Stützung der Konklusion ist beweisuntauglich. Diese argumentative Untauglichkeit lässt sich dadurch erklären, dass eine petitio principii nur von Personen akzeptiert wird, die schon der mit der Schlussfolgerung gleichbedeutenden (vielleicht unausgesprochenen) Prämisse zustimmen. Weiterhin ist laut dem Philosophen [[Jay Rosenberg]] ein Argument nur dann geeignet, wenn „ein Einwand gegen das, was die Stützung bewirken soll, sich von einem Einwand gegen das, was gestützt werden soll, unterscheidet“<ref>Jay Rosenberg: ''Philosophieren. Ein Handbuch für Anfänger.'' Klostermann, Frankfurt am Main 2009 (6. Auflage). ISBN 978-3-465-04069-9, S. 96</ref>. Diese Bedingung für ein geeignetes Argument erfüllt eine petitio principii nicht.
Eine Besonderheit der petitio principii besteht darin, dass sie ein [[Aussagenlogik|aussagenlogisch]] [[Gültigkeit#Logische_Gültigkeit_eines_Schlusses|gültiger Schluss]] ist: Aus jeder beliebigen Aussage folgt fraglos diese selbst. Ein Fehlschluss aus logischen Gründen liegt also nicht vor, aber eine selbstbezügliche Stützung der Konklusion ist beweisuntauglich. Diese argumentative Untauglichkeit lässt sich dadurch erklären, dass eine petitio principii nur von Personen akzeptiert wird, die schon der mit der Schlussfolgerung gleichbedeutenden (vielleicht unausgesprochenen) Prämisse zustimmen. Weiterhin ist laut dem Philosophen [[Jay Rosenberg]] ein Argument nur dann geeignet, wenn „ein Einwand gegen das, was die Stützung bewirken soll, sich von einem Einwand gegen das, was gestützt werden soll, unterscheidet“<ref>Jay Rosenberg: ''Philosophieren. Ein Handbuch für Anfänger.'' Klostermann, Frankfurt am Main 2009 (6. Auflage). ISBN 978-3-465-04069-9, S. 96</ref>. Diese Bedingung für ein geeignetes Argument erfüllt eine petitio principii nicht.

Version vom 6. April 2011, 16:19 Uhr

Eine Petitio principii (lat. „Inanspruchnahme des Beweisgrundes“; engl. „begging the question“), auch circulus in demonstrando und circulus in probando ist ein Scheinbeweis, bei dem eine Behauptung durch Aussagen begründet wird, welche die zu beweisende Behauptung schon als wahr voraussetzen. Dies kann zum einen explizit geschehen, wenn die Behauptung als Konklusion eines Arguments vorliegt, in dem sie selbst als Prämisse vorkommt, zum anderen implizit, indem die Konklusion kein expliziter Bestandteil des Arguments ist, sondern stillschweigend angenommen wird.

Eine Besonderheit der petitio principii besteht darin, dass sie ein aussagenlogisch gültiger Schluss ist: Aus jeder beliebigen Aussage folgt fraglos diese selbst. Ein Fehlschluss aus logischen Gründen liegt also nicht vor, aber eine selbstbezügliche Stützung der Konklusion ist beweisuntauglich. Diese argumentative Untauglichkeit lässt sich dadurch erklären, dass eine petitio principii nur von Personen akzeptiert wird, die schon der mit der Schlussfolgerung gleichbedeutenden (vielleicht unausgesprochenen) Prämisse zustimmen. Weiterhin ist laut dem Philosophen Jay Rosenberg ein Argument nur dann geeignet, wenn „ein Einwand gegen das, was die Stützung bewirken soll, sich von einem Einwand gegen das, was gestützt werden soll, unterscheidet“[1]. Diese Bedingung für ein geeignetes Argument erfüllt eine petitio principii nicht.

Arten der petitio principii

Eine petitio principii kann auf verschiedene Weisen konstruiert werden.[2] Eine Prämisse taugt nicht zur Unterstützung der Konklusion, wenn sie lediglich
1. eine andere Formulierung der Konklusion ist:

„Schwarzfahren ist unsozial, weil es auf Kosten der zahlenden Fahrgäste geschieht.“

2. eine Generalisierung der Konklusion ist:

„Kopfschmerztabletten haben unerwünschte Nebenwirkungen, denn alle Medikamente haben unerwünschte Nebenwirkungen.“

3. aus der Luft gegriffen ist, bloß um die Schlussfolgerung zu beweisen:

„Ich nehme immer am Karneval teil, denn Traditionen müssen bewahrt werden.“

Historisches

Die petitio wurde bereits von Aristoteles im Organon als Fehlschluss beschrieben. In dem von Gottlob Benjamin Jäsche erstellten Handbuch zur Logik-Vorlesung von Immanuel Kant wird er in § 92 gemeinsam mit dem Zirkelschluss (circulum in probando) behandelt (vgl. Immanuel Kant: AA IX, 135–[3][4]).

Beispiele

(1) Mein Bruder mag keinen Spinat, und das ist ein Glück für meinen Bruder, denn falls er welchen mögen würde, äße er davon, und er würde ihn nicht ausstehen können.[5]

(2) In dem Versuch zu belegen, dass Franz die Wahrheit sagt:

  • Angenommen, Franz lügt nicht, wenn er spricht.
  • Franz spricht.
  • Folglich sagt Franz die Wahrheit.

(3) Wieso stimmen Vorstellungen in unserem Geiste mit Gegenständen der Erfahrung überein, obwohl sie nicht von den Erfahrungen selbst geschaffen werden? – Dies mit den Grundsätzen einer Erkenntnistheorie zu begründen, hieße intellektuelle Vorstellungen durch intellektuelle Vorstellungen zu beweisen.[6]

Quellen

  1. Jay Rosenberg: Philosophieren. Ein Handbuch für Anfänger. Klostermann, Frankfurt am Main 2009 (6. Auflage). ISBN 978-3-465-04069-9, S. 96
  2. Douglas J. Soccio, Vincent E. Barry: Practical Logic. Harcourt Brace Jovanovich College Publishers, 4. Auflage 1992, ISBN 0-03-073907-1
  3. Genau genommen wird dort unter dieser Bezeichnung die logisch unzulässige Verwendung eines Satzes als ein selbst-evidentes Axiom besprochen: „Unter einer petitio principii versteht man die Annehmung eines Satzes zum Beweisgrunde als eines unmittelbar gewissen Satzes, obgleich er noch eines Beweises bedarf. Und einen Cirkel im Beweisen begeht man, wenn man denjenigen Satz, den man hat beweisen wollen, seinem eigenen Beweise zum Grunde legt.“
  4. Immanuel Kant, Gesammelte Schriften. Hrsg.: Bd. 1–22 Preussische Akademie der Wissenschaften, Bd. 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, ab Bd. 24 Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Berlin 1900ff., AA IX, 135–[3].
  5. Nino Ferrer in dem Lied „Madame Robert“ aus dem Musikalbum „Je veux être noir“ (1966) laut Pétition de principe. Exemples. In: Französische „Wikipédia“. 11. Juli 2010, abgerufen am 21. November 2010: „Mon frère n'aime pas les épinards, / et c'est heureux pour mon frère car, / s'il les aimait, il en mangerait / et il ne peut pas les supporter.“
    Für das Erscheinungsdatum: Discographie: les années 60. Je veux être noir. In: „Offizielle Web-Site über Nino Ferrer“. , abgerufen am 21. November 2010: „Année: 1966“
  6. Wolfgang Röd: Die Philosophie der Neuzeit 3. Teil 1: Kritische Philosophie von Kant bis Schopenhauer. München 2006, S. 31