Wikipedia:Neutraler Standpunkt

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Abkürzung: WP:NPOV, WP:NNPOV, WP:N

Der Neutrale Standpunkt (neutrale Sichtweise; engl. Neutral Point Of View, kurz NPOV) ist eines der vier unveränderlichen Grundprinzipien der Wikipedia. Durch die Einnahme eines neutrale Standpunkts werden Themen sachlich dargestellt, der persönlichen Standpunkt der WP-Autoren wird so aus WP-Artikeln herausgehalten. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der Artikel oder seine Autoren fachlich angreifbar werden. Um das zu gewährleisten, werden Artikel quellenbasiert, im Gesamten ausgewogen und möglichst objektiv verfasst, wie im Folgenden beschrieben wird. Die Einhaltung des Neutralen Standpunkts gilt als Voraussetzung eines guten Wikipedia-Artikels.

Erklärung des Neutralen Standpunkts

Von einem neutraler Standpunkt aus wird das Thema eines Artikels weder herabgewürdigt noch mit ihm sympathisiert; unterschiedlichen Aspekte werden weder befürwortet noch ablehnt. Dabei handelt es sich nicht um einen Mangel an Perspektiven, sondern vielmehr eine redaktionell neutrale Sicht. Ein Artikel und dessen Unter-Artikel sollen alle Meinungen, Ungewissheiten, Streitigkeiten und unterschiedlichen Standpunkte die zu seinem Thema relevant sind klar beschreiben und charakterisieren, ohne Partei zu ergreifen. Es soll so gut wie möglich gezeigt werden

  • wer welche Meinung hat,
  • wie sie begründet wird,
  • in welchem Ausmaß und mit Verbreitung sie Anerkennung findet.

Es dürfen sachliche Einschätzungen der verschiedenen Gesichtspunkten gegeben werden, solange diese auf zuverlässigen und allgemein zugänglichen Quellen beruhen, gerade dann aber, wenn ein Text solche Kritiken erklärt, muss die Darstellung selbst neutral und beschreibend bleiben, weil sonst der Konflikt in den Artikel hineingetragen wird.

Ein neutraler Standpunkt soll also nicht widersprüchliche Bewertungen und Positionen unterschlagen, sondern sachlich mit ihnen umzugehen. Diese setzt voraus, dass sowohl die üblichen Ansichten, sowie Mindermeinungen angemessen dargestellt werden, d.h. so, wie diese Ansichten in zuverlässigen Quellen wiedergegeben werden. Die Beschreibung sollte in Wortwahl und Aufbau auf einen neutralen Ton achten, der Umfang der Darstellung sollte der Bekanntheit und der fachlichen Bedeutung der Meinung gerecht werden. Die Darstellung einer relevanten Meinung sollte also nie ohne Weiteres aus einem Artikel entfernt werden; jedoch kann die Beschreibung einer Meinung verkürzt oder zu einem neuen Artikel verschoben werden, wenn der Meinung unproportional viel Gewicht verliehen wird.

Neutralität verlangt, dass die Standpunkte unvoreingenommen dargestellt werden. Obwohl alle Autoren und alle Quellen tendenziell zu bestimmten Standpunkten neigen (also eine eigene Meinung haben), geht es darum, wie diese in Artikel zusammengeführt und beschrieben werden, um zu neutralen Artikeln zu werden. Neutrales Schreiben ist das korrekte Wiedergeben der relevanten Standpunkte zu einer Thematik, einschließlich der verschiedenen – möglicherweise widersprüchlichen – Perspektiven der veröffentlichten Quellen. Die Voreingenommenheit von Quellen gegenüber einem bestimmten Standpunkt kann verdeutlicht werden, beispielsweise durch das Gegenüberstellen anderer relevanter Sichtweisen.

Grundsätze

Quellenbasiert

  1. Die Inhalte von Wikipedia-Artikel werden grundsätzlich aus Quellen übernommen. Näheres über diesen Grundsatz findest du im Artikel Wikipedia:Belege unter Grundsätze, näheres über die Informationsquellen findest du unter Was sind zuverlässige Informationsquellen?
  2. Bei Darstellungen von Standpunkten, für die es keine zuverlässige Quelle gibt, handelt es sich um unerwünschte Theoriefindung, siehe Wikipedia:Keine Theoriefindung. Das gilt insbesondere dann, wenn darüber spekuliert wird, welche Standpunkte von Personen oder gesellschaftlichen Gruppen vertreten wird, oder was die Motive einer person oder gesellschaftlichen Gruppe ausmacht, einen bestimmten Standpunkt öffentlich zu vertreten.

Ausgewogene Darstellung der Standpunkte

  1. Ein ausgewogener Artikel beschreibt den Gegenstand des Lemmas und nachfolgend die damit verbundenen unterschiedlichen Standpunkte.
  2. Mehrere verschiedene oder sich widersprechende Standpunkte können in einem Artikel beschrieben werden. Faktische und interpretatorische Darstellungen sind dabei klar als solche zu kennzeichnen und voneinander abzugrenzen.
  3. Die angemessene Darstellung des Lemmas und von Argumenten hat Vorrang vor dem Bestreben, konkurrierende Sichtweisen möglichst im gleichen Umfang wiederzugeben.
  4. Im besten Fall sind alle bekannten Standpunkte zu erwähnen, die von relevanten gesellschaftlichen Gruppen bzw. Organisationen oder von den maßgeblichen Wissenschaftlern eines Fachgebiets aktuell vertreten werden.
  5. Durch bloße Aneinanderreihung verschiedener Meinungen dürfen wissenschaftliche Erkenntnisse nicht relativiert werden. Durch eine unangemessen gewichtete Darstellung von Positionen entstünde ein verzerrtes Bild des Forschungsstands.

Sachlichkeit der Darstellung

  1. Ein enzyklopädischer Artikel ist in einem durchgehend sachlich-neutralen, d. h. nicht in emotionalem oder wertendem Ton gehalten.
  2. Ein enzyklopädischer Artikel enthält sich, für oder gegen Standpunkte Stellung zu beziehen. Vielmehr wird darin erwähnt, welche relevanten Personen, (weltanschaulichen) Gruppen, Religions- und Wissenschaftsvertreter etc. welche Standpunkte vertreten.
  3. Standpunkte dürfen weder ungebührlich akzentuiert noch apodiktisch noch mit ausweichenden Formulierungen, wie etwa „Es wird allgemein angenommen, X gelte...“ dargestellt werden. Um eine schwerlich zu beweisende Absolutsetzung zu vermeiden, empfiehlt es sich, beispielsweise statt „X gilt“ einleitend „Für X spricht, ...“ zu schreiben.
  4. Persönliche Interessen dürfen nie den Inhalt von Artikeln bestimmen. Siehe dazu Wikipedia:Interessenkonflikt. Autoren sollen stets wertfrei und ohne Parteilichkeit („sine ira et studio“) agieren.

Vorgehen

Inhaltliche Fragen

Was ist Tatsache, was ist Wertung?

  • Offenkundige Tatsachen können in Artikeln auch als solche dargestellt werden. Beispielsweise ist aus unzähligen Quellen nachweisbar, dass Vincent van Gogh ein niederländischer Maler war, oder dass Brasilien auf dem südamerikanischen Kontinent liegt.
  • Werturteile sind Aussagen, die nicht beschreibend (deskriptiv), sondern vorschreibend (präskriptiv oder normativ) sind. Da kein Schluss vom Sein auf das Sollen möglich ist (naturalistischer Fehlschluss, Humes Gesetz), sind diese Urteile immer subjektiv. Man kann nur den Inhalt von empirischen Aussagen überprüfen, nicht aber von normativen. Für ein Lexikon sind Urteile daher immer problematisch. Abhängig von der Bedeutung der urteilenden Instanz können sie aber als Information (Fakt) selbst wieder zum Artikelgegenstand werden. In jedem Fall müssen Urteile von Fakten getrennt und als solche ausgewiesen werden. So ist es beispielsweise eine Wertung, Vincent van Gogh als den bedeutendsten niederländischen Maler zu bezeichnen, aber auch Brasilien als Entwicklungsland zu bezeichnen.

Wie schildere ich Standpunkte?

Werturteile müssen zwingend den Urteilenden zugeordnet werden (der Wikipediaautor urteilt niemals selbst). Besonders bei umstrittenen Themen ist es wichtig, Standpunkte zuzuordnen. Bei einem Thema der deutschen Politik will der Leser vielleicht wissen, welche Position die CDU und welche die SPD vertritt. Hier können auch besonders prägnante Meinungen wörtlich zitiert werden.
Wichtig ist, Meinungen konkret wiederzugeben und sie in den Zusammenhang einzuordnen. Beispiel für eine korrekte Wiedergabe eines zuzuordenen Werturteils:
  • Der Deutsche Gewerkschaftsbund bezeichnete in einer Stellungnahme den Gesetzesentwurf zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes als problematischer als die Vorratsdatenspeicherung.
  • Im Ranking der 500 einflussreichsten Musik-Alben wertet das Rolling Stone’s Magazin „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ von The Beatles als einflussreichstes Album aller Zeiten.

Was ist unparteiische Darstellung?

Um einen neutralen Standpunkt zu wahren, müssen alle maßgeblichen Standpunkte repräsentiert werden (es darf kein verstecktes Werturteil durch die Auswahl oder Gewichtung einzelner Sichtweisen erfolgen). Bedeutsame Wertungen müssen ausgewogen dargestellt werden. Zur unparteiischen Darstellung gehört also in erster Linie, die Sichtweisen und Argumente aller Seiten angemessen zu schildern, das heißt, sowohl vom Umfang her eine Ausgewogenheit zu wahren, als auch in der Wortwahl keine (implizite) Wertung vorzunehmen. Es ist der Neutralität auch nicht förderlich, Pro- und Kontralisten in den Artikel einzubauen, um eine scheinbare Unparteilichkeit zu erzeugen, da gerade in politischen Fragen viele Argumente unter Berücksichtigung verschiedener Nebenaspekte von beiden Seiten verwendet werden. Die Kunst besteht hier in der Konzentration auf das Wesentliche.
Insbesondere ist die lediglich auf Außenwirkung bedachte Selbstdarstellung von Behörden, Institutionen, Parteien, Unternehmen, Vereinen, Personen etc. in der Wikipedia ausdrücklich unerwünscht. Gleiches gilt für Darstellungen, die die Rufschädigung Dritter durch falsche Tatsachenbehauptungen, Verbreiten von Gerüchten und Spekulationen, sinnentstellende Zitatwahl u. ä. zum Ziel haben. Dieses Verhalten wird in schweren Fällen als Vandalismus gewertet.

Inwieweit empfiehlt es sich, Minderheitenmeinungen zu erwähnen?

Wenn z. B. eine wissenschaftliche Theorie in der Fachwelt nur von einem Professor und dessen drei Assistenten anerkannt wird, darf die Darstellung dieser abweichenden Haltung nicht in gleichem Umfang geschildert werden wie die etablierten Positionen. Dies gilt natürlich nur für Minderheitenmeinungen im Sinne einer so genannten Mindermeinung und als Gegenstück zu einer herrschenden Auffassung, nicht für so begrenzte Themen, bei denen die Ansicht des Autors die einzig existierende wissenschaftliche Meinung ist.
Wenn Minderheitenmeinungen bereits historisches Gewicht haben, dadurch dass sie öffentlich entsprechend häufig diskutiert werden, ist es angebracht, die betreffenden Standpunkte und ihre Diskussion sowie die gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen usw. Auswirkungen in angemessenem Umfang zu erwähnen.
Beispiel: Die theoretische und praktische Forschung über die Möglichkeiten extraterrestrischen Lebens gegenüber den Berichten von UFO-Sichtungen und Kontakten mit Außerirdischen; die beiden letzteren nehmen einen gewissen Minderheitenstatus ein.

Wortwahl und Formulierung

Die Wahl der Worte ist wichtig. Bereits ein einzelnes Wort in einem Satz kann die Sachlichkeit zerstören und den Satz zu einer tendenziösen Aussage machen. Ein Beispiel: Im Satz Er hat es versäumt, die Öffentlichkeit zu informieren ist es das Wort versäumt. Es impliziert und unterstellt eine nachlässige Haltung, die zu diesem angeblichen Versäumnis führte. Der Satz kann auch ohne das Wort versäumt geschrieben werden. Die Formulierung Er hat die Öffentlichkeit nicht informiert ist neutraler, da sie keine Wertung beinhaltet. Ein weiteres Beispiel: Sie informieren immer noch nicht impliziert, dass sie es längst hätten tun müssen, womöglich aufgrund eines Gesetzes o. Ä. Sie informieren nicht ist neutraler.

Mit der Wortwahl kann der Autor den Leser manipulieren. Es gibt Autoren, die sich dessen nicht bewusst sind, und Autoren, die diese Möglichkeit bewusst und gezielt einsetzen. Manche Leser fühlen sich manipuliert, andere werden manipuliert, ohne sich dessen bewusst zu werden.

Wörter wie oft, selten, viele, wenige sind ungenau, und was wenig ist, hängt oft vom Standpunkt ab. Beispiel: Ist das Glas halb voll oder halb leer? Neutraler sind Zahlenangaben: Das Glas hat ein Fassungsvermögen von 2 dl und ist mit 1 dl Flüssigkeit gefüllt.

Wörter wie bekannt, berühmt, bedeutend, erfolgreich sind relativ. Die Beschreibung/Erklärung im Artikel/Eintrag sollte zumindest enthalten, wofür und bei welchem Publikum er, sie oder es bekannt, berühmt, bedeutend oder erfolgreich ist.

Strukturierung

In vielen Fällen gibt es den Kern eines Phänomens, der von (fast) allen Akteuren unbestritten gesehen wird, während es darüber hinaus kontroverse Aspekte oder Bewertungen des Phänomens gibt. In diesen Fällen empfiehlt es sich, zunächst die unumstrittenen Aspekte darzustellen und im Folgenden dann in einem separaten Abschnitt die Rezeption des Phänomens aus der Sicht der verschiedenen relevanten Akteure darzustellen. Dieser Abschnitt sollte ausdrücklich nicht nur negative Beurteilungen, sondern alle relevanten Stimmen umfassen, die in Extremfällen (zum Beispiel Ōmu Shinrikyō) natürlich durchweg negativ ausfallen können.

Statistiken und Zahlenangaben

Statistiken drücken Sachverhalte in Zahlen aus, sie sind deswegen aber nicht grundsätzlich sachlich. Die Probleme beginnen einerseits dort, wo man festlegt, was überhaupt gemessen werden soll, und hören dort auf, wo die Messwerte ausgewertet, zusammengefasst und mit Sätzen kommentiert werden.

Generell gilt: Wer eine Statistik bringt, sollte immer eine Quellenangabe beifügen.

Was tun bei nichtneutralen Texten?

Artikel, in denen ein oder mehrere Standpunkte nur ungenügend erklärt werden, lassen sich nicht dadurch neutraler gestalten, dass man den Gegenstandpunkt kürzt. Stattdessen sollte darauf hingewirkt werden, dass der ungenau erklärte Standpunkt besser begründet (z. B. mit Quellen) und ausformuliert wird. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass mehr Text benötigt wird, Es empfiehlt sich, besonders gefährdete und umstrittene Artikel, in die wiederholt nichtneutrale Passagen eingefügt werden, auf Beobachtungskandidaten zu verlinken, von wo aus sie von mehr Benutzern längerfristig beobachtet werden.

Zur Abhilfe bei nicht neutralen Artikeln gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Im ersten Schritt ist unter Versionen/Autoren zu prüfen, welche Personen bereits an dem Text gearbeitet haben. Wenn die Versionsgeschichte auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar erscheint, befinden sich unter Diskussion meist wichtige Hinweise.
  • Wer das Thema ausreichend kennt oder über entsprechende Quellen verfügt, kann den Artikel entsprechend umschreiben oder erweitern.
  • Eine andere, höflichere Möglichkeit ist, die nicht neutral erscheinenden Teile auf die Diskussionsseite als Zitat zu stellen oder auszulagern mit einer – bestenfalls argumentativ schlüssigen – Bitte an den Autor, sie umzuformulieren.
  • Artikel, die einige als nicht neutral betrachten und die sich nicht ohne größeren Aufwand umschreiben lassen, kann man mit dem Baustein {{Neutralität}} kennzeichnen, der auf diese Seite verweist. Das Ganze sieht dann so aus:

Die Ergänzung mit dem Baustein ist natürlich nur dann ohne weiteres möglich, wenn der Artikel nicht gesperrt ist. Sollte der Artikel aufgrund eines Editwars gesperrt sein, so ist die Ergänzung mit dem Baustein bei WP:AA zu beantragen.
  • Die Ultima ratio bei Artikeln, die als nicht „neutralisierbar“ erscheinen, ist ein Löschantrag. In diesem Fall ist im Text des Löschkandidaten zu begründen, warum eine Überarbeitung nicht möglich oder sinnvoll ist, damit andere Personen den Grund des Löschantrags nachvollziehen können.

Siehe auch