„Wirklichkeit“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|behandelt den philosophischen Fachbegriff „Wirklichkeit“.
{{Dieser Artikel|behandelt den philosophischen Fachbegriff „Wirklichkeit“. Zur allgemeinsprachlichen Bedeutung siehe [[Realität]]. Zur gleichnamigen der österreichischen Malergruppe siehe ''[[Wirklichkeiten]]''.}}
* Zur allgemeinsprachlichen Bedeutung siehe [[Realität]].
* Zu der österreichischen Malergruppe ''Wirklichkeiten'' siehe [[Wirklichkeiten]].}}


In der [[Philosophie]] bezeichnet '''Wirklichkeit''' den [[Sein (Philosophie)|Seinsmodus]], der von [[Möglichkeit]] und [[Notwendigkeit]] abgegrenzt ist (siehe auch [[Kontingenz (Philosophie)|Kontingenz]]). Dem Begriffspaar Wirklichkeit/Möglichkeit (Akt/Potenz) steht das anders akzentuierte Begriffspaar [[Realität]]/ Idealität gegenüber (siehe auch [[Realismus (Philosophie)|Realismus]] und [[Idealismus (Philosophie)|Idealismus]]).
'''Wirklichkeit''' ist in der [[Philosophie]] eine [[Modalität (Philosophie)|Modalität]] des [[Sein (Philosophie)|Seins]]. Dabei ist die Wirklichkeit, zunächst das, was der Fall ist. Damit unterscheidet sie sich von Unmöglichen und der „bloßen“ [[Möglichkeit]] die nicht verwirklicht ist. Als [[Kontingenz (Philosophie)|Kontingenz]] ist allerdings auch die [[Notwendigkeit]] von der Wirklichkeit verschieden, sprachkritisch könnte hier analog zwsichen Wirklichkeit (die auch notweniges umfasst) und „bloßer Wirklichkeit“ unterschieden werden. nicht unproblematisch ist die Abgrenzung zwischen Wirklichkeit und [[Realität]] (''siehe auch'' [[Realismus (Philosophie)|Realismus]]). In Kontexten, die sich um eine Unterscheidung bemühen, ist mit dem Begriff „Wirklichkeit“ eine Realität gemeint, die auf Dinge eingeschränkt ist, die eine [[Wirkung]] haben oder ausüben können.


Das deutsche Wort ''Wirklichkeit'' wurde von [[Meister Eckhart]] als Übersetzung von lateinisch ''actualitas'' eingeführt. Der sprachliche Bezug zu ''Wirken'' und ''Werk'' rückt es aber eher in die Nähe des aristotelischen Begriffs der ''energeia'', welches auf ''ergon'' für „Werk“ zurückgeht und der in der Scholastik durch ''actualitas'' übersetzt wurde.
Das deutsche Wort ''Wirklichkeit'' wurde von [[Meister Eckhart]] als Übersetzung von lateinisch ''actualitas'' eingeführt. Der sprachliche Bezug zu ''Wirken'' und ''Werk'' rückt es aber eher in die Nähe des aristotelischen Begriffs der ''energeia'', welches auf ''ergon'' für „Werk“ zurückgeht und der in der Scholastik durch ''actualitas'' übersetzt wurde.


Der exakte Gehalt, die Inter[[Subjekt (Philosophie)|subjektivität]], die [[Erkenntnistheorie|epsitemische]] Zugänglichkeit, Verlässlichkeit und Relativität sowie der metaphysische Wert der Wirklichkeit sind im Laufe der Geistesgeschichte Gegenstand zahlloser Debatten geworden. Für zwei Standpunkte jüngeren Datums siehe [[Wissenschaftlicher Realismus]], [[Physikalismus]], [[Konstruktivismus]],
Der Begriff „Wirklichkeit“ (in Echt) erklärt im Unterschied zum Begriff Realität reale Dinge als Dinge, die eine [[Wirkung]] haben oder ausüben können. Insofern sind auch subjektive innere, z. B. [[Emotion|emotionale]] Zustände der Wirklichkeit zugehörig, da auch sie Wirkung zeigen (Stichwort [[Psychosomatik]]). Dies kommt etwa in der Definition des [[Gestalttheorie|Gestaltpsychologen]] [[Kurt Lewin]] (ebenso auch bei [[Carl Gustav Jung|C. G. Jung]]) zum Ausdruck: „Wirklich ist, was wirkt.“ Diese erweiterte Verwendung des Begriffs findet man vor allem in der [[Psychologie]] und in der [[Kommunikationsforschung]], während er in den Naturwissenschaften oft noch abgelehnt wird, weil er zu Missverständnissen führen könnte.
[[Sozialer Tatbestand]].

== Santiago-Theorie ==
Nach der sogenannten [[Santiago-Theorie]] von [[Humberto Maturana]] und [[Francisco Varela]] wird Wirklichkeit durch die verkörperte Erfahrung eines Organismus hervorgebracht.

== Wirklichkeitsordnungen ==
Der Kommunikationsforscher [[Paul Watzlawick]] teilt Wirklichkeit in verschiedene Ordnungen ein:

=== Wirklichkeit 1. Ordnung ===
Die Wirklichkeit 1. Ordnung ist das, was wir täglich zusammen mit anderen Menschen erleben, was anhand von Experimenten und durch Wiederholungen ''überprüfbar'' ist, wie zum Beispiel Form, Farbe, Duft oder Geräusche von bestimmten Objekten.

=== Wirklichkeit 2. Ordnung ===
Die Wirklichkeit 2. Ordnung ist auf ein Individuum bezogen und mit ''Grundannahmen'' zu umschreiben, die wir über die Welt durch Erfahrung haben. Sie ist eng verbunden mit Sinn und Wertvorstellungen, die wir mit den Dingen an sich verbinden und das Resultat höchst komplexer Kommunikationsvorgänge.

=== Wirklichkeit 3. Ordnung ===
Die Wirklichkeit 3. Ordnung ist das mehr oder weniger einheitliche Bild, das wir aus unserer Erfahrung heraus erschaffen. Diese Ebene der Wirklichkeit ist identisch mit unserem [[Weltbild]] bzw. unserer [[Weltanschauung]].

== Buddhismus ==
Die buddhistische Lehre unterscheidet häufig zwischen der „relativen Wirklichkeit“ und der „absoluten Wirklichkeit“. Die relative entspricht der alltäglich von jedem unerleuchteten Wesen individuell erlebten Welt, die geprägt ist von Leiden ([[Samsara]]). Die absolute Wirklichkeit, frei von individuellen Prägungen bzw. Bedingungen, wird in [[Nirwana|Nirvana]] erkannt, als die ''tatsächlichen'' Verhältnisse, Prozesse bzw. Wirkungen, frei von allem Leiden.

Manche Lehrer und/ oder Autoren bezeichnen die relative Wirklichkeit „Erfahrungs-Welt“ und nennen nur die absolute kurz „Wirklichkeit“ (oder auch die „reale“, „letztendliche“ oder „tatsächliche“ Wirklichkeit).

Die relative Wirklichkeit (oder Erfahrungs-Welt) ist aus buddhistischer Sicht wie ein Traum zu sehen. Mit Hilfe von Praktiken wie Meditation und Yoga ist es möglich, die „Traumhaftigkeit“ unseres Erlebens zu erkennen. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass es keine Trennung zwischen Beobachter, zu Beobachtendem und dem Prozess des Beobachtens gibt. Ein wichtiger Punkt in diesem Prozess ist die Erzeugung von Liebe und Mitgefühl allen Wesen gegenüber. Diese Emotionen fördern die Entwicklung hin zu einer Erkenntnis der „absoluten Wirklichkeit“ die frei von Leiden ist (Nirwana).


== Literatur ==
== Literatur ==


* [[Gerhard Roth (Biologe)|Gerhard Roth]]: ''Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive [[Neurobiologie]] und ihre philosophischen Konsequenzen'', Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1997
* [[Gerhard Roth (Biologe)|Gerhard Roth]]: ''Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen'', Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1997
* [[Francisco Varela|F. Varela]], [[Evan Thompson|E. Thompson]], [[Eleanor Rosch|E. Rosch]]: Der mittlere Weg der Erkenntnis: die Beziehung von Ich und Welt in der Kognitionswissenschaft - der Brückenschlag zwischen wissenschaftlicher Theorie und menschlicher Erfahrung. Goldmann, München 1995, ISBN 3-442-12514-6
* [[Francisco Varela]], [[Evan Thompson]], [[Eleanor Rosch]]: Der mittlere Weg der Erkenntnis: die Beziehung von Ich und Welt in der Kognitionswissenschaft - der Brückenschlag zwischen wissenschaftlicher Theorie und menschlicher Erfahrung. Goldmann, München 1995, ISBN 3-442-12514-6
* Paul Watzlawick: ''Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen'' [1976], München/Zürich: Piper 2005 (4. Auflage)
* [[Paul Watzlawick]]: ''Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen'' [1976], München/Zürich: Piper 2005 (4. Auflage)
* Paul Watzlawick (Hg.): ''Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?'', München/Zürich: Piper 1985
* Paul Watzlawick (Hg.): ''Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?'', München/Zürich: Piper 1985
* Thorsten Benkel: ''Signaturen des Realen. Bausteine einer soziologischen Topographie der Wirklichkeit'', Konstanz: UVK 2007, ISBN 978-3-86764-021-3
* Thorsten Benkel: ''Signaturen des Realen. Bausteine einer soziologischen Topographie der Wirklichkeit'', Konstanz: UVK 2007, ISBN 978-3-86764-021-3
* [[Hans Blumenberg]]: ''Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des [[Roman]]s'' [1964], in: H. R. Jauß (Hg.), [[Nachahmung]] und [[Illusion]], München: Fink 1991 (3. Auflage), S. 9-27
* [[Hans Blumenberg]]: ''Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des [[Roman]]s'' [1964], in: H. R. Jauß (Hg.), Nachahmung und Illusion, München: Fink 1991 (3. Auflage), S. 9-27
* Yongey Mingyur Rinpoche: ''Buddha und die Wissenschaft vom Glück'', Goldmann, München 2007
* Yongey Mingyur Rinpoche: ''Buddha und die Wissenschaft vom Glück'', Goldmann, München 2007


== Siehe auch ==


* [[Konstruktivismus]]

== Weblinks ==
{{Wiktionary|Wirklichkeit}}
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{{Wikiquote|Wirklichkeit}}
{{Wikiquote|Wirklichkeit}}


[[Kategorie:Metaphysik]]
[[Kategorie:Metaphysik]]
*[http://bewusstsein-und-realitaet.de/realitaet.php Die Erschaffung der Realität]
*[[B:Sei doch vernünftig! – Ein Crash-Kurs|Sei doch vernünftig! – Ein Crash-Kurs]], ein Buch über Konstruktionen, Kritiken und der Klärung, ob es die "Wirklichkeit" wirklich gibt.

*[http://www.bewusstsein-und-wirklichkeit.de/Bewusstsein%20und%20Wirklichkeit.pdf Bewusstsein und Wirklichkeit] – eine Relativierung des naturwissenschaftlichen Weltbildes (PDF-Datei; 77 kB)


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Version vom 28. Juni 2011, 18:26 Uhr

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Wirklichkeit ist in der Philosophie eine Modalität des Seins. Dabei ist die Wirklichkeit, zunächst das, was der Fall ist. Damit unterscheidet sie sich von Unmöglichen und der „bloßen“ Möglichkeit die nicht verwirklicht ist. Als Kontingenz ist allerdings auch die Notwendigkeit von der Wirklichkeit verschieden, sprachkritisch könnte hier analog zwsichen Wirklichkeit (die auch notweniges umfasst) und „bloßer Wirklichkeit“ unterschieden werden. nicht unproblematisch ist die Abgrenzung zwischen Wirklichkeit und Realität (siehe auch Realismus). In Kontexten, die sich um eine Unterscheidung bemühen, ist mit dem Begriff „Wirklichkeit“ eine Realität gemeint, die auf Dinge eingeschränkt ist, die eine Wirkung haben oder ausüben können.

Das deutsche Wort Wirklichkeit wurde von Meister Eckhart als Übersetzung von lateinisch actualitas eingeführt. Der sprachliche Bezug zu Wirken und Werk rückt es aber eher in die Nähe des aristotelischen Begriffs der energeia, welches auf ergon für „Werk“ zurückgeht und der in der Scholastik durch actualitas übersetzt wurde.

Der exakte Gehalt, die Intersubjektivität, die epsitemische Zugänglichkeit, Verlässlichkeit und Relativität sowie der metaphysische Wert der Wirklichkeit sind im Laufe der Geistesgeschichte Gegenstand zahlloser Debatten geworden. Für zwei Standpunkte jüngeren Datums siehe Wissenschaftlicher Realismus, Physikalismus, Konstruktivismus, Sozialer Tatbestand.

Literatur

  • Gerhard Roth: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1997
  • Francisco Varela, Evan Thompson, Eleanor Rosch: Der mittlere Weg der Erkenntnis: die Beziehung von Ich und Welt in der Kognitionswissenschaft - der Brückenschlag zwischen wissenschaftlicher Theorie und menschlicher Erfahrung. Goldmann, München 1995, ISBN 3-442-12514-6
  • Paul Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen [1976], München/Zürich: Piper 2005 (4. Auflage)
  • Paul Watzlawick (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?, München/Zürich: Piper 1985
  • Thorsten Benkel: Signaturen des Realen. Bausteine einer soziologischen Topographie der Wirklichkeit, Konstanz: UVK 2007, ISBN 978-3-86764-021-3
  • Hans Blumenberg: Wirklichkeitsbegriff und Möglichkeit des Romans [1964], in: H. R. Jauß (Hg.), Nachahmung und Illusion, München: Fink 1991 (3. Auflage), S. 9-27
  • Yongey Mingyur Rinpoche: Buddha und die Wissenschaft vom Glück, Goldmann, München 2007


Wiktionary: Wirklichkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen