μ-Rekursion

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Die Klasse Pr der μ-rekursiven Funktionen oder partiell-rekursiven Funktionen spielt in der Rekursionstheorie, einem Teilgebiet der theoretischen Informatik, eine wichtige Rolle (µ für griechisch μικρότατος ‚das kleinste‘). Nach der Church-Turing-These beschreibt sie die Menge aller Funktionen, die im intuitiven Sinn berechenbar sind. Eine wichtige echte Teilmenge der μ-rekursiven Funktionen sind die primitiv-rekursiven Funktionen.

Die Klasse der μ-rekursiven Funktionen stimmt überein mit der Klasse der Turing-berechenbaren Funktionen sowie weiteren gleich mächtigen Berechenbarkeitsmodellen, wie dem Lambda-Kalkül, Registermaschinen und WHILE-Programmen.

Die primitiv-rekursiven Funktionen sind aus einfachen Grundfunktionen (konstante 0-Funktion, Projektionen auf ein Argument und Nachfolgerfunktion) durch Komposition und primitive Rekursion aufgebaut. Dadurch erhält man immer totale Funktionen, also Funktionen im eigentlichen Sinn. Die μ-rekursiven Funktionen sind demgegenüber partielle Funktionen, die aus denselben Konstrukten und zusätzlich durch die Anwendung des μ-Operators gebildet werden können. Durch die Anwendung des μ-Operators wird Partialität eingeführt. Jedoch ist nicht jede μ-rekursive Funktion nicht-total. Beispielsweise sind alle primitiv-rekursiven Funktionen auch μ-rekursiv. Ein Beispiel für eine nicht primitiv-rekursive, totale, μ-rekursive Funktion ist die Ackermannfunktion.

Definition des μ-Operators[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für eine partielle Funktion und natürliche Zahlen sei die Menge

festgehalten, also die Gesamtheit aller derart, dass an der Stelle identisch 0 verschwindet und zusätzlich für alle Punkte mit definiert ist.

Zu beachten ist dabei, dass als Menge natürlicher Zahlen genau dann ein Minimum besitzt, wenn sie nicht leer ist. (vgl. Wohlordnung)

Durch Anwendung des -Operators auf entstehe nun die partielle Funktion definiert durch:

Insbesondere bildet der Operator also eine -stellige partielle Funktion auf eine -stellige partielle Funktion ab.

Für berechenbares kann das Programm zur Berechnung von verstanden werden als eine While-Schleife, die nach oben zählt, und die deswegen nicht terminieren muss:

Parameter: .
Setze auf ;
Solange erhöhe um ;
Ergebnis: .

Definition der μ-rekursiven Funktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Klasse der μ-rekursiven Funktionen (von ) umfasst die folgenden Grundfunktionen:

  1. konstante 0-Funktion:
  2. Projektion auf ein Argument: ,
  3. Nachfolgefunktion:

Die μ-rekursiven Funktionen erhält man als Abschluss der Grundfunktionen bezüglich der drei folgenden Operationen:

  1. Die Komposition: , falls
  2. Die Primitive Rekursion: und , falls
  3. Der μ-Operator.

Äquivalenz der μ-rekursiven Funktionen mit der Turingmaschine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es lässt sich beweisen, dass eine Turingmaschine (TM) durch μ-rekursive Funktionen simuliert werden kann. Es lässt sich auch beweisen, dass die Menge der μ-rekursiven Funktionen genau der Menge der Turing-berechenbaren Funktionen entspricht.

Beweis-Skizze für die Simulation der TM mit μ-rekursiven Funktionen

Man kann zeigen, dass sich die Konfiguration einer TM durch drei Zahlen , , darstellen lässt.
Genau so kann eine Funktion (eine bijektive Abbildung ) definiert werden,
die eine geeignete Kodierung der TM ist.

Nehmen wir also eine primitiv-rekursive Funktion

,

die eine geeignete Kodierung der TM liefert für die Eingabe nach Berechnungsschritten,

und eine zweite primitiv-rekursive Funktion

,

die für eine Kodierung als Ergebnis 0 liefert, falls einen Endzustand der TM repräsentiert, und ansonsten 1.

Dann ergibt

die Anzahl der Schritte, die eine TM zur Berechnung bis zum Ende benötigt. Also bekommen wir mit

die Berechnung der TM in einem Endzustand bei der Eingabe .

Bemerkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Berechenbarkeit einer μ-rekursiven Funktion bezieht sich auf Werte aus ihrem Definitionsbereich. Es existiert kein allgemeines Verfahren, das alle Werte liefert, die nicht zum Definitionsbereich einer μ-rekursiven Funktion gehören.
  • Der μ-Operator realisiert einen Suchprozess, der genau dann abbricht, wenn der gesuchte Wert existiert.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

,
wobei ein haltendes Programm ist und die Länge des Programms in Bit bezeichnet.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]