Bewältigungsstrategie

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Die Begriffe Bewältigungsstrategie, Copingstrategie oder Coping (von englisch to cope with, „bewältigen, überwinden“) bezeichnen die Art des Umgangs mit einem als bedeutsam und schwierig empfundenen Lebensereignis oder einer Lebensphase.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bewältigungsstrategien sind Denk- und Verhaltensmuster, die Menschen anwenden, um Auswege aus schwierigen Situationen zu finden und um Belastungen und Stress zu reduzieren. Diese Strategien können problemfokussiert sein (z. B. konkurrierende Aktivitäten unterdrücken, soziale Unterstützung suchen) oder auch emotionsfokussiert sein (z. B. Humor, positive Neubewertung). Die Strategien können selbstinitiativ und proaktiv sein (z. B. Planung und Antizipation) oder reaktiv (z. B. Akzeptanz, Emotionen rauslassen).[1]

Es kann zwischen adaptiven und maladaptiven Copingstrategien unterschieden werden (auch als funktionale bzw. dysfunktionale Coping-Strategien bezeichnet). Adaptive Copingstrategien tragen zu einer langfristigen und nachhaltigen Lösung eines Problems bei, während bei maladaptiven Copingstrategien der Ablenkungscharakter im Vordergrund steht. So kann die Verwendung von adaptiven Humorstilen zur Lösung von Konflikten und Stressreduktion beitragen, während die Verwendung von maladaptiven Humorstilen kontraproduktive Effekte haben kann.[2]

Eine wichtige Theorie zu Coping bzw. Stressbewältigung wurde von Richard Lazarus durch das Stressmodell von Lazarus beschrieben.

Die Soziale Arbeit setzt Bewältigungsstrategien ein und entwickelt sie durch Techniken und systemische Betrachtungsweisen fort. Aus den Bewältigungsversuchen von Belastungen können sich personale Lernprozesse ergeben, die neue Kompetenzen aufbauen, die somit Entwicklungsschritte und personale Ressourcen für das zukünftige Leben darstellen.[3] Uwe Schaarschmidt spricht von Bewältigungsmustern im Zusammenhang mit der Bearbeitung des beruflichen Burnouts bei Lehrern (Bewältigungsmuster im Lehrerberuf; S. 378f).[4]

Im medizinischen Sinne bezeichnet Coping das Bewältigungsverhalten von Menschen mit chronischen Krankheiten und Behinderungen.

Copingstrategien sind auch die von Elisabeth Kübler-Ross und anderen postulierten Trauer­phasen oder auch die Vergebung, wenn das Verhalten anderer Menschen die schwierigen Lebensumstände verursacht hat.

In den 1980ern begann Lothar Böhnisch das Coping-Konzept als „Lebensbewältigung“ in der Sozialpädagogik anwendbar zu machen und weiterzuentwickeln.[5]

Ein psychologischer Test zur Messung des Umgangs mit Stress (COPE) wurde 1989 von Charles S. Carver entwickelt.[6] Er erfasst 14 unterschiedliche Coping-Strategien und wird sehr häufig für die Erforschung der Ursachen von Stress und deren Bewältigung eingesetzt.[7]

Praxis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pädagogik: Ziel bei der Konfrontation des Individuums mit Bewältigungsaufgaben ist die Herausbildung einer besonderen (spezifischen) Fähigkeit, künftige schwierige Situationen besser zu meistern. Mit der Bewältigung verbinden Pädagogen zudem die Erwartung eines Lerneffekts: In Zukunft sollen schwierige Situationen besser als bisher bearbeitet werden. Auf die Dauer soll sich eine spezifische Kompetenz (der Bewältigung schwieriger Situationen) in diesem Sinne entwickeln.
  • Zudem verbindet man in der Pädagogik (z. B. Kollegschule NRW; Erzieher-Ausbildung) damit die Erwartung, dass eine dem Alter entsprechende Entwicklungsaufgabe (Robert J. Havighurst) gelöst wird. Der Erwerb entsprechender Kompetenzen ermögliche dann die Bewältigung der nächstfolgenden Entwicklungsaufgabe. Auch ist der Verlauf einer Ausbildung mit der Bewältigung verschiedener Entwicklungsaufgaben verbunden, die nacheinander bearbeitet und bewältigt werden müssen – die letzte Entwicklungsaufgabe wäre die Professionalisierung, die noch in die letzte Phase der Ausbildung hineinragt (Andreas Gruschka).
  • Psychotherapie: Der Patient/Klient wird befähigt, zukünftig mit schwierigen Situationen umzugehen, die für seine Weiterentwicklung von Bedeutung sind. War sein Problem bisher, dass der Patient dazu nicht in der Lage war, soll er zukünftig mit Gewinn (schwierige) Probleme zur eigenen Zufriedenheit und selbständig (d. h. in eigener Regie) bearbeiten und lösen können. Beispielhaft kann hier das Stressmanagement genannt werden.[8]

Wichtig ist die Methodik dieser Konfrontation des Individuums mit Aufgaben/schwierigen Situationen. Sowohl in der Pädagogik als auch in der Therapie könnte das Risiko der Überforderung des Individuums bestehen, die u. U. einen Rückfall eher als einen Lernfortschritt zur Folge haben könnte.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Andreas Krapp, Bernd Weidenmann (Hrsg.): Pädagogische Psychologie: ein Lehrbuch. 5. Auflage, Beltz, PVU, Weinheim 2006, S. 370ff, ISBN 978-3-621-27564-4.
  • August Flammer: Erfahrung der eigenen Wirksamkeit: Einführung in die Psychologie der Kontrollmeinung. Huber, Bern / Stuttgart / Toronto 1990, ISBN 3-456-81942-0.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Halcomb, E., Fernandez, R., Mursa, R., Stephen, C., Calma, K., Ashley, C., McInnes, S., Desborough, J., James, S., Williams, A.: Evaluation of the Brief COPE scale and exploration of coping among primary healthcare nurses’ during COVID-19. In: Journal of nursing management. 2022, ISSN 0966-0429, doi:10.1111/jonm.13816 (englisch).
  2. Burger, C.: Humor styles, bullying victimization and psychological school adjustment: Mediation, moderation and person-oriented analyses. In: International journal of environmental research and public health. Band 19, Nr. 18, 2022, ISSN 1661-7827, S. 11415, doi:10.3390/ijerph191811415 (englisch, Online).
  3. (Faltermaier/Mayring/Saup/Strehmel: Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters. 3. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2014, S. 98)
  4. (in Detlef H. Rost: Handwörterbuch Pädagogische Psychologie, Beltz PVU, 2001; S. 373 ff)
  5. Annemarie Jost: Buchrezension zu „Lothar Böhnisch: Lebensbewältigung“, Beltz Juventa, 2016. In: socialnet Rezensionen. 6. Juli 2016, abgerufen am 7. November 2020.
  6. Carver, C. S., Scheier, M. F., & Weintraub, J. K. (1989). Assessing coping strategies: A theoretically based approach. Journal of Personalityand Social Psychology, 56, 267-283.
  7. Brief COPE (Memento des Originals vom 13. September 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.psy.miami.edu, Englische Original-Items des COPE
  8. michael gutmann - stress bewältigen. In: michael-gutmann.com. Abgerufen am 9. November 2017.