Diaspora (Software)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Diaspora*

Logo
Screenshot
Screenshot der Version 0.6.7.0
Basisdaten

Entwickler Diaspora-Projekt
Erscheinungsjahr Oktober 2012
Aktuelle Version 0.7.18.2[1]
(10. Juli 2023)
Betriebssystem Plattformunabhängig
Programmiersprache Ruby
Kategorie Soziales Netzwerk
Lizenz AGPL[2] (Freie Software)
deutschsprachig ja
diasporafoundation.org

Diaspora (auch Diaspora*, wobei der Stern eine Pusteblume symbolisieren soll) ist eine freie Software zur Bildung des gleichnamigen sozialen Netzwerks, dessen Pods (dezentrale Knoten) Stand November 2023 knapp 746.000 registrierte Nutzer aufweisen.[3] Anders als zentralisierte soziale Netzwerke (wie Facebook) ist Diaspora als verteiltes soziales Netzwerk angelegt.[2]

Leistungsumfang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diaspora ist in der Programmiersprache Ruby programmiert.[4] Das Projekt zielt darauf ab, den gleichen Leistungsumfang zu bieten wie Facebook: schwarze Bretter für die zeitversetzte und ein Chat-Fenster für die Echtzeit-Kommunikation sowie Schnittstellen für von Dritten programmierte Anwendungen (Plug-Ins). Anders als bei Facebook jedoch sorgt die dezentrale Struktur dafür, dass der Anwender seine Daten auf persönlichen Servern (pods) ablegt und damit die Kontrolle über sie behält.[5] Wer keinen eigenen Pod auf dem eigenen Server betreiben möchte, kann ein Konto auf einem der öffentlichen Pods eröffnen, die von anderen Benutzern zu diesem Zweck betrieben werden.

Da es sich um ein dezentrales Netzwerk handelt, gibt es keine einheitliche URL, unter der die Benutzer erreichbar sind. Andere Nutzer findet man über die Suchfunktion, die pod-übergreifende Ergebnisse liefert. Es gibt bei Diaspora auch keine globalen Benutzernamen wie bei zentralen Webangeboten, sondern (wie bei E-Mail-Adressen oder Jabber-IDs) zusammengesetzte Benutzernamen, welche die Pod-Adresse enthalten, also beispielsweise: example@pod-name.tld.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zhitomirskiy und Grippi im Juli 2011 auf dem Festival Campus Party in Mexiko-Stadt

Das Projekt geht auf vier Mathematikstudenten der New York University zurück: Daniel Grippi, Maxwell Salzberg, Raphael Sofaer und Ilya Zhitomirskiy (1989–2011).[5] Es war im April 2010 auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter angekündigt worden und erzielte sein Finanzierungsziel von 10.000 US-Dollar innerhalb von 12 Tagen.[5] In den darauffolgenden Wochen wurden insgesamt 200.642 Dollar von 6479 Unterstützern eingenommen. Damit wurde Diaspora zum bis dahin erfolgreichsten Kickstarter-Projekt.[2] Ein Unterstützer war nach eigenen Angaben der Gründer und Firmenchef von Facebook, Mark Zuckerberg, der Diaspora eine „coole Idee“ nannte.[6] Den Anstoß zur Gründung des Diaspora-Projekts hatte eine Rede gegeben, die Eben Moglen von der Columbia Law School am 5. Februar 2010 vor der Internet Society gehalten hatte. Moglen beschrieb darin unter dem Titel Freedom in the Cloud, wie zentralisierte soziale Netzwerke ihre Nutzer ausspähen.[5][7]

Mit einem Startkapital von 200.000 US-Dollar entwickelten die Studenten einen Prototyp und veröffentlichten ihn am 23. November 2010 als Alpha-Version.[5] Der Quellcode der Software sollte ursprünglich am 15. September 2010 veröffentlicht werden.[4][8] Der erste Release verzögerte sich zunächst auf Oktober 2010.[9] Eine Alpha-Version des sozialen Netzwerkes wurde schließlich am 24. November 2010 veröffentlicht. Einladungen werden seit dem 23. November 2010 über die Mailingliste des Projekts verschickt.[10][11][12] Die Zulassung von neuen Einladungen auf dem joindiaspora.com-Pod wurde am 27. November 2010 zunächst wieder eingestellt. Ein Hinweis dazu findet sich in einem aktualisierten Blogeintrag.[13] Seit Anfang Januar 2011 stehen eine Reihe von Pods zum Testen von Diaspora öffentlich zur Verfügung.[14] Seit September 2011 ist es wieder möglich, neue Einladungen zu erhalten.[15][9] Mitte November 2011 wurde eine neue Version mit erweitertem Funktionsumfang, die „Hashtag-Follow-Funktion, Direkt-Nachrichten, Like-Buttons für Status-Updates und ein Benachrichtigungs-System“ umfassen, veröffentlicht.[16]

Seit September 2011 wird das Projekt von der Diaspora Foundation getragen, die im darauffolgenden Monat eine große Spendenkampagne startete.[17] Kurz darauf wurde bekannt, dass die Firma PayPal, über die der Spendentransfer getätigt werden konnte, das Konto des Projekts einfror, nachdem innerhalb weniger Tage 45.000 US-Dollar an Spenden eingegangen waren. Eine genaue Erklärung wurde nicht abgegeben, doch wurden seitens des US-Konzerns weitere Dokumente eingefordert.[18] Nach massiven Protesten der Diaspora-Unterstützer wurde das Konto kurz darauf wieder freigegeben.[19] Am 12. November 2011 verstarb Ilya Zhitomirskiy, einer der Mitbegründer des Projekts, im Alter von 22 Jahren kurz vor dem Zeitpunkt, zu dem der Start der öffentlichen Beta-Phase des sozialen Netzwerks vorgesehen war.[20][21]

Die meisten Nutzer des Netzwerks stammen aus den USA, gefolgt von Deutschland. Es sind hauptsächlich „technisch interessierte“ Mitglieder, daneben Kreative sowie Anhänger der Occupy-Bewegung und der Piratenpartei.

Im Mai 2012 wurde bekannt, dass Diaspora von nun an im Rahmen des Startup-Programms Y Combinator weiter entwickelt werde. Daraus entstand die Besorgnis, das Projekt könne kommerzialisiert werden, so dass es seinen derzeitigen freien Charakter verliere und dadurch gegebenenfalls für seine derzeitigen Nutzer an Attraktivität einbüße.[22] Ende August 2012 gaben die Entwickler bekannt, dass Diaspora zu einem Community-Projekt wird.[23] Diskussionen und Entscheidungen zur Entwicklung von Diaspora fanden bis März 2017 auf der Plattform Loomio,[24] seither auf einer eigenen Discourse-Instanz statt.[25] Alle früheren Diskussionen auf Loomio wurden nach Discourse importiert. Auch die bis dahin bestehenden Mailinglisten wurden durch entsprechende Kategorien in Discourse ersetzt.

Sicherheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diaspora ist ein dezentrales, verteiltes System und soll dadurch sicheren, kontrollierten und einfachen Austausch von Daten im Internet ermöglichen, weil jeder Nutzer selbst einen Server betreiben und die Software auf diesem Server vollständig kontrollieren kann. Dadurch, dass jedoch die wenigsten Nutzer ihren Server selbst betreiben, ergibt sich das Problem, dass Angreifer eigene, umprogrammierte Server ins Netzwerk eingliedern können, welche die Daten, die Nutzer jenes Servers teilen oder mitgeteilt bekommen, missbrauchen.

Weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diaspora soll mithilfe von Add-ons modular aufgebaut werden, um jede denkbare Art von Kommunikation zwischen den Benutzern zu ermöglichen. Außerdem sollen Plug-ins möglich sein, die den Funktionsumfang erweitern.[26] Die Entwickler planen auch, einen kostenpflichtigen Webhosting-Dienst für Diaspora-Pods anzubieten.[2]

Für Android-Smartphones stehen mehrere Apps zur Verfügung.[27][28]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Februar 2012 kritisierte das Computermagazin c’t, das ursprüngliche Versprechen, ein Peer-to-Peer-Netzwerk zu bieten, sei bisher von Diaspora nicht eingelöst worden, weil die Installation für den eigenen PC oder für den eigenen Webhoster für die meisten Anwender zu umfangreich und zu kompliziert seien. Auf einem Linux- oder Mac-OS-X-Server müssten Ruby, SQLite3, OpenSSL, cURL, ImageMagick, Git und Redis eingerichtet werden, bevor man Diaspora installieren könne. Deshalb seien die meisten Benutzer von Diaspora weiterhin darauf angewiesen, dass der Pod, der ihren Account führt, mit ihren Daten vertrauensvoll umgeht. Die Alternative friendica sei in Bezug auf einfache Installation schon weiter als Diaspora.[29]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Diaspora – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. github.com.
  2. a b c d Decentralize the web with Diaspora — Kickstarter, Maxwell Salzberg, Daniel Grippi, Raphael Sofaer, und Ilya Zhitomirskiy, Kickstarter, abgerufen am 13. Mai 2010.
  3. Nutzerzahlen: diaspora* statistics hub, abgerufen am 29. Oktober 2021
  4. a b Amy Vernon: Striking back at Facebook, the open-source way. In: Network World. 10. Mai 2012, abgerufen am 12. Dezember 2023 (englisch).
  5. a b c d e Four Nerds and a Cry to Arms Against Facebook, Jim Dwyer, 11. Mai 2010, New York Times, abgerufen am 12. Mai 2010
  6. Epicenter: Mark Zuckerberg: I Donated to Open Source, Facebook Competitor Ryan Singel, Wired News, 28. Mai 2010, abgerufen am 29. Mai 2010.
  7. Internet Society — Eben Moglen — Freedom in The Cloud, Software Freedom, Privacy and Security for Web 2.0 and Cloud Computing, 5. Februar 2010, abgerufen am 3. Juli 2010.
  8. Diaspora Project: An Overdue Update (Memento vom 4. Januar 2012 im Internet Archive). 26. August 2010 (abgerufen am 27. August 2010).
  9. a b Diaspora-Gründer setzt auf Langzeitstrategie gegen Facebook & Co.. In: Technology Review vom 19. August 2011.
  10. Diaspora Project: An Overdue Update (Memento vom 4. Januar 2012 im Internet Archive). 26. August 2010 mit einem Nachtrag 30. August 2010 (abgerufen am 15. September 2010): „Addendum (8/30): To clarify, September 15 will be our open-source developer release. At that time, we will open up our github repository, publish our roadmap, and shift our development style to be more community oriented. We intend on launching a consumer facing alpha in October. Join our mailing list to get an invite.“.
  11. Diaspora Project: Developer Release (Memento vom 2. Dezember 2012 im Internet Archive). 15. September 2010 (abgerufen am 16. September 2010).
  12. Diaspora Project: Private Alpha Invites Going Out Today (Memento vom 30. November 2012 im Internet Archive). 23. November 2010 (abgerufen am 24. November 2010).
  13. Diaspora Project: Invite Update (Memento vom 24. Juli 2012 im Internet Archive). 27. November 2010 (abgerufen am 27. November 2010).
  14. Es gibt mehrere Verzeichnisse von Pods, beispielsweise Diaspora* Pod uptime, abgerufen am 19. November 2011.
  15. Diaspora* is making a difference. In: blog.diasporafoundation.org. Archiviert vom Original am 30. November 2012; abgerufen am 23. September 2011.
  16. Diaspora lädt zu überarbeiteter Alpha-Version auf der Website der Zeitung Der Standard vom 14. November 2011
  17. Blogeintrag des Projekts über die Spendenkampagne (Memento vom 31. Januar 2013 im Internet Archive) abgerufen am 20. Oktober 2011
  18. Blogeintrag des Projekts über die Sperrung des Kontos (Memento vom 5. Juli 2013 im Internet Archive) abgerufen am 20. Oktober 2011
  19. PayPal acts like a “pal,” unfreezes the Diaspora* community’s donations (Memento vom 30. November 2012 im Internet Archive) Eintrag im Blog des Projekts vom 20. Oktober 2011 (abgerufen am 14. November 2011)
  20. Diaspora Co-Founder Ilya Zhitomirskiy Passes Away At 22. Meldung auf TechCrunch.
  21. Kurt Sagatz: Diaspora startet für alle offene Betaphase. Das dezentrale soziale Netzwerk Diaspora soll demnächst für alle offen stehen. Dieser lang erwartete Schritt wird jedoch vom Tod eines der Gründer überschattet. In: zeit.de. 14. November 2011. Abgerufen am 15. November 2011.
  22. Martin Weigert: Eine neue Ära beginnt: Diaspora plant mit Y Combinator den großen Neustart. In: netzwertig.com. 14. Mai 2012, abgerufen am 29. Juli 2012.
  23. gil: Social Network Diaspora wird Community-Projekt. In: Heise Newsticker. 28. August 2012, abgerufen am 1. September 2012.
  24. Outgrowing Loomio. 21. März 2017, abgerufen am 19. Mai 2017.
  25. Discourse-Instanz des diaspora* Projekt
  26. Erika Jonietz Bye-bye Facebook auf heise.de vom 31. Dezember 2010
  27. dandelion* im F-Droid App-Store. Abgerufen am 10. August 2016.
  28. insporation*. In: Github. 21. Januar 2023, abgerufen am 17. November 2023 (englisch).
  29. Jo Bager: Diaspora und andere Facebook-Alternativen. In: c’t. Band 5, 13. Februar 2012, ISSN 0724-8679, S. 137 (heise.de).