Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von ENTSO-E)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
European Network of Transmission System Operators for Electricity
(ENTSO-E)
Logo
Rechtsform AISBL
Gründung 1999
Sitz Brüssel
Mitglieder 43 (Unternehmen)[1]
Website www.entsoe.eu

Der European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSO-E) ist ein europäischer Verband, in dem alle Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Pflichtmitglieder sind. Die Vorgängerorganisation hieß European Transmission System Operators (ETSO).

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verbundnetze der Übertragungsnetzbetreiber in Europa

Der Vorgänger der ENTSO-E war die ETSO. Die European Transmission System Operators (ETSO) entstand 1999 als europäischer Verband im Zuge der Schaffung eines Gemeinsamen Strommarktes aus den regionalen Verbänden ATSOI (Irland), UKTSOA (Vereinigtes Königreich), NORDEL (Skandinavien) und UCTE (Verband für die Koordinierung des Transports elektrischer Energie).[2] In der ETSO sind auch Mitglieder wie Lettland, die technisch in der russischen Regelzone IPS/UPS sind. 2001 wurde der ETSO ein internationaler Verband mit 32 Mitgliedern aus 15 EU-Ländern plus Norwegen und Schweiz. 2009 waren 40 Übertragungsnetzbetreiber vereint.[2]

Seit dem 1. Juli 2009 hat der Verband ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity) die Aufgaben der ETSO übernommen. Auslöser war die „Verordnung (EG) Nr. 714/2009 vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003“, in welcher die Gründung vorgeschrieben wurde – dort bezeichnet als „ENTSO (Strom)“.[3] In einer separaten Verordnung entstand analog die Schwesterorganisation „ENTSO (Gas)“, siehe ENTSO-G.

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ENTSO-E-Hauptorgane sind die Versammlung (Assembly) und der Lenkungsausschuss (Board). Präsident ist Hervé Laffaye (RTE, Frankreich), Vorsitzender des Lenkungsausschusses ist Joachim Vanzetta (Amprion, Deutschland). Der ENTSO-E verfügt zudem über ein Generalsekretariat und zahlreiche Arbeitsgruppen für bestimmte Themenbereiche wie Stromnetzzugang, elektronischen Datenaustausch oder Strompreise.

Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2018 repräsentierte ENTSO-E 43 Übertragungsnetzbetreiber aus 36 europäischen Ländern; der türkische Übertragungsnetzbetreiber hat dabei den Status eines beobachtenden Mitglieds.[1] Mit dem Brexit 2021 sind die drei Betreiber des National Grid von Großbritannien ausgeschieden, der nordirische SONI verblieb.

Staat Übertragungsnetzbetreiber – ENTSO-E-Mitglied(er)[1] Netzlänge 2017[4]
(km Stromkreise)Anm.
Albanien Albanien Operatori i Sistemit te Transmetimit (OST) 3.336
Belgien Belgien Elia System Operator 5.345
Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina Nezavisni operator sustava u Bosni i Hercegovini (NOS BiH) 6.338
Bulgarien Bulgarien Electroenergien Sistemen Operator (ESO) 15.236
Danemark Dänemark Energinet.dk 5.491
Deutschland Deutschland Amprion
Tennet TSO
TransnetBW
50Hertz Transmission
35.922
Estland Estland Elering 5.306
Finnland Finnland Fingrid 14.398
Frankreich Frankreich Réseau de Transport d’Electricité (RTE) 50.207
Griechenland Griechenland Independent Power Transmission Operator (ADMIE/IPTO) 17.168
Irland Irland EirGrid 7.116
Island Island Landsnet k. A.
Italien Italien Terna – Rete Elettrica Nazionale 68.041
Kroatien Kroatien Hrvatski operator prijenosnog sustava (HOPS) 7.305
Lettland Lettland Augstsprieguma tÏkls (AST) 5.251
Litauen Litauen Litgrid 7.003
Luxemburg Luxemburg Creos Luxembourg 130
Moldau Republik Moldau Moldelectrica
Montenegro Montenegro Crnogorski elektroprenosni sistem (CGES) 835
Niederlande Niederlande Tennet 8.594
Nordmazedonien Nordmazedonien Macedonian Transmission System Operator (MEPSO) 2.122
Norwegen Norwegen Statnett 12.302
Osterreich Österreich Austrian Power Grid (APG)
Vorarlberger Übertragungsnetz (VÜN)
6.728
Polen Polen Polskie Sieci Elektroenergetyczne (PSE) 14.550
Portugal Portugal Rede Eléctrica Nacional (REN) 8.908
Zypern Republik Republik Zypern Cyprus TSO 973
Rumänien Rumänien Transelectrica 9.888
Schweden Schweden Svenska kraftnät 15.482
Schweiz Schweiz Swissgrid 6.543
Serbien Serbien Elektromreža Srbije (EMS) 3.869
Slowakei Slowakei Slovenská elektrizačná prenosová sústava (SEPS) 2.465
Slowenien Slowenien Sistemski operater prenosnega elektroenergetskega omrežja (ELES) 2.893
Spanien Spanien Red Eléctrica (REE) 40.635
Tschechien Tschechien Česká energetická přenosová soustava (ČEPS) 5.728
Turkei Türkei Türkiye Elektrik İletim (TEİAŞ) – beobachtendes Mitglied 66.175
Ukraine Ukraine Ukrenerho
Ungarn Ungarn Magyar Villamosenergia-ipari Átviteli Rendszerirányító Zártkörűen Működő Részvénytársaság (MAVIR) 4.645
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich System Operator for Northern Ireland (SONI)
National Grid Electricity Transmission
Scottish Hydro Electric Transmission (SSE)
ScottishPower Transmission
20.695
Anm. 
Die Spannungsebenen und deren Zuordnungen zum Übertragungsnetzbereich sind in den Staaten unterschiedlich. In den Angaben sind die Stromkreislängen in den Spannungsebenen ≥ 110 kV enthalten, die dem/den jeweiligen ÜNB gehören. Dies umfasst Drehstrom-Freileitungen und, sofern vorhanden, Drehstrom- und Gleichstrom-Kabel.

Netzausbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2009 legte der ENTSO-E Pläne für einen insgesamt 42.100 neue Leitungskilometer umfassenden Netzausbau in Europa vor. Die entsprechenden Trassen sollen bis circa 2020 gebaut werden. Es handelt sich bei ihnen überwiegend um die Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich querende Verbindungen, um Nord-Süd-Verbindungen in Deutschland sowie Netzverstärkungen rund um die Nordsee zum Anschluss der entstehenden Offshore-Windparks. Weitere Netzverstärkungen sind in Skandinavien geplant.[5]

Netzcodes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der ENTSO-E formuliert die Regeln für den Betrieb des Netzes (sogenannten Netzcodes) neu. Die Netzcodes legen verbindlich fest, wie und wann ein Netzbetreiber einspeisende Kraftwerke abregeln darf, um Spannung und Frequenz im Stromnetz stabil zu halten.[5] Hierdurch erhalten die Netzbetreiber die Möglichkeit, den Energiemix im Leitungsnetz, vom Windpark bis zum Atomkraftwerk, ihren eigenen Bedürfnissen anzupassen. Im Zusammenspiel mit ihren regionalen Partnern innerhalb der Regelzonen haben sie so eine direkte Kontrolle über die Auslastung der Energieerzeuger und damit auch über die Rentabilität konventioneller und alternativer Energien.

Die europäischen Netzcodes ersetzen mit ihrem Inkrafttreten bestehende nationale Vorgänger weitgehend, wie beispielsweise die Netz- und Systemregeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber.

ENTSO-E Transparenzplattform[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Besorgnisse über mangelnde Transparenz im Energiehandel und die Einschätzung, dass preisbestimmende Informationen oftmals nur wenigen Marktteilnehmern bekannt sind, führten zu der Verordnung (EU) Nr. 5 43/2013 vom 14. Juni 2013 über die Übermittlung und Veröffentlichung von Daten auf den Strommärkten. Diese Verordnung verpflichtet Erzeuger, Netzbetreiber und Eigentümer von Speicherkapazitäten preisbestimmende Fundamentaldaten an die ENTSO-E-Transparenzplattform zur Veröffentlichung zu melden. Diese Daten können dort nach Registrierung von jedermann eingesehen werden. ENTSO-E-Daten sind die Basis für zahlreiche Veröffentlichungen über die Strommärkte. Sie enthalten Stromeinspeiseprofile nach Art der Erzeugung und nach Regelzone, Kraftwerksausfälle, Speicherkapazitäten und Speicherauslastungen, Lastdaten für alle Regelzonen, Nettoexportsalden und viele andere Informationen.[6]

Weitere Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Austausch von Strommengen zwischen den Mitgliedern ist beträchtlich und kann über die monatlichen Statistiken der (ehemaligen) UCTE verfolgt werden. So verbrauchte Österreich z. B. im Januar 2006 6.407 Gigawattstunden Strom, produzierte aber nur 5.250 Gigawattstunden (GWh). Netto 1.157 GWh mussten also importiert werden. Das heißt aber nicht, dass nur Strom nach Österreich floss. Es exportierte insgesamt 1.260 GWh, und zwar 754 GWh an die Schweiz, 419 GWh an Deutschland, 75 GWh nach Italien, 10 GWh nach Slowenien und 2 GWh nach Ungarn. Gleichzeitig importierte Österreich über bestimmte Stränge und Zeiten während des Monats Januar 2.757 GWh, und zwar 1.706 GWh aus Deutschland, 631 GWh aus Tschechien, 222 GWh aus Slowenien, 196 GWh aus Ungarn und 2 GWh aus Italien. Im Januar 2006 wurden so insgesamt 25.713 GWh über Staatsgrenzen innerhalb des westeuropäischen Verbundsystems ausgetauscht, samt dem Verkehr mit den äußeren Partnern 30.173 GWh.
  • Es gibt zwei Projektgruppen, welche die Aufnahme der Netzbetreiber der Türkei, der Ukraine und Moldawiens prüfen.[7] Die Türkei wurde im September 2010 im Testbetrieb synchron mit dem Verbundnetz gekoppelt.
  • Der ENTSO-E befasst sich neben dem Betrieb der Netze auch ständig mit Regeln und Weiterentwicklungen zum sicheren Betrieb der Netze und von Kraftwerken, der Planung und Abstimmung von Erweiterungen und Verbesserungen der Netze sowie der Dokumentation und Planung der Austauschvorgänge.

IT-Sicherheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im März 2020 wurden unbefugte Zugriffe auf das Büronetzwerk des Verbandes registriert.[8] Der Zugriff war dem Verband zufolge nicht geeignet, auf die Stromnetze in Europa Einfluss zu nehmen.

Synchronisierung mit Ukraine und der Republik Moldau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ukraine bat am 27. Februar 2022, wenige Tage nach dem Beginn des russischen Überfalls, um sofortigen Notanschluss an das europäische Stromnetz, um die Versorgungssicherheit und auch einen möglichen Notfallbetrieb ihrer Kernkraftwerke zu garantieren.[9]

Die für Energie zuständigen Minister der EU-Mitgliedstaaten einigten sich am gleichen Tag auf den Anschluss der Ukraine an das europäische Verbundnetz. EU-Energiekommissarin Kadri Simson sagte, es habe breite Übereinstimmung gegeben, dies so schnell wie möglich zu tun. Sie betonte, diese Synchronisierung sei „technisch anspruchsvoll“ und nicht sofort umzusetzen. Die Ukraine und die Republik Moldau seien nicht mehr an das russische Stromnetz angebunden und im Inselbetrieb.[10]

Seit dem 16. März 2022 sind die Stromnetze der Ukraine und von der Republik Moldau mit dem europäischen Verbundnetz synchronisiert.[11] Seit Juli 2022 exportiert die Ukraine elektrische Energie über Rumänien in die EU.[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: ENTSO-E – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c ENTSO-E Member Companies. In: entsoe.eu. Abgerufen am 20. Oktober 2018 (englisch).
  2. a b European Transmission System Operators (ETSO). In: entsoe.eu. Abgerufen am 20. Oktober 2018 (englisch).
  3. Verordnung (EG) Nr. 714/2009 (PDF)
  4. Power Statistics. Inventory of transmission. Datenbankabfrage für das Jahr 2017. In: entsoe.eu. Abgerufen am 19. Oktober 2018 (englisch).
  5. a b Streit um neues Stromnetz für Europa. heise.de, 26. Mai 2010.
  6. Electricity Market Transparency. Abgerufen am 9. September 2021 (englisch).
  7. System Extension Projects for the Continental European Synchronous Area. In: entsoe.eu. Abgerufen am 20. Oktober 2018 (englisch).
  8. Patrick Beuth, DER SPIEGEL: Hacker dringen ins IT-Netzwerk des Stromnetzbetreiber-Verbands ein - DER SPIEGEL - Netzwelt. Abgerufen am 12. März 2020.
  9. faz.net: Ukraine erbittet Notanschluss an Europas Stromnetz
  10. ENTSO-E: Continental Europe TSOs are fully committed to the synchronisation with Ukraine and Moldova power systems. Pressemitteilung vom 1. März 2022
  11. ENTSO-E: Continental Europe successful synchronisation with Ukraine and Moldova power systems. Pressemitteilung vom 16. März 2022
  12. Apa / Afp: Ukraine exportiert Strom in die EU. In: sn.at. 1. Juli 2022, abgerufen am 29. Februar 2024.