Maximum Transmission Unit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Maximum Transmission Unit (MTU; deutsch maximale Übertragungseinheit) beschreibt die maximale Paketgröße eines Protokolls der Vermittlungsschicht (Schicht 3) des OSI-Modells, gemessen in Oktetten (Bytes), welche ohne Fragmentierung in den Rahmen (engl. „Frame“) eines Netzes der Sicherungsschicht (Schicht 2) übertragen werden kann. Diese Paketgröße passt also in die Nutzlast (Payload) des Protokolls der Sicherungsschicht. Die maximale Größe der Nutzlast der Sicherungsschicht wird auch oft als MTU der Sicherungsschicht (engl. 'link MTU') bezeichnet. Die maximale Größe eines Rahmens der Sicherungsschicht lässt sich so berechnen:

Maximale Rahmengröße = Größte MTU aller benutzten Protokolle der Vermittlungsschicht + Größe der Sicherungsschichtheader

Die MTU wird durch Einstellungen im Rahmen der Möglichkeiten der verwendeten Hardware und Technik bestimmt. Sie kann auf derselben Schnittstelle unterschiedliche Werte für unterschiedliche Protokolle der Vermittlungsschicht (z. B. IPv4 oder IPv6) annehmen. Alle an einem Schicht-2-Netz beteiligten Schnittstellen, welche Protokolle höherer Schichten verarbeiten, müssen auf denselben Wert für die jeweiligen Schicht-3-Protokolle eingestellt werden.

Im OSI-Modell spricht man auf der Vermittlungsschicht von einem Paket (engl. 'packet'), während man auf der Sicherungsschicht von einem Rahmen (engl. 'frame') spricht. Die Terminologie, welche das OSI-Modell für die Einheiten auf den verschiedenen OSI-Modellschichten verwendet, hat zu einiger Verwirrung um den Begriff der MTU geführt (siehe abweichende Verwendung bei wichtigen Herstellern). Unter der „packet size“ (Paketgröße) wird fälschlicherweise teils die „frame size“ (Rahmengröße) verstanden, jedoch stellt die obige Definition (siehe RFC 1122 und RFC 791) dies eindeutig klar.

Ein Spezialfall liegt vor, wenn ein Schicht-2-Protokoll über ein anderes Schicht-2-Protokoll getunnelt wird, denn dann nennt man auch die Nutzlast selbst „Rahmen“ (engl. 'frame').

Typische MTU-Größen
Medium MTU in Bytes
Hyperchannel 65535
Token Ring(4)(802.5) 4464
Token Ring(16) 17914
FDDI 4352
Ethernet 1500
Gigabit Ethernet
mit Jumboframes
9000
PPPoE (z. B. DSL) ≤ 1492
SLIP/PPP (low delay) 296
X.25 576
FibreChannel theoretisch unbegrenzt
ISDN 576
DQDB
HIPPI
ATM 4500, s. u.
ARCNET
802.11 2312 (WiFi)

Die Path MTU (PMTU) beschreibt die maximale Paketgröße, die entlang der gesamten Wegstrecke übertragen werden kann, ohne einer Fragmentierung zu unterliegen. Sie ist damit gleich der kleinsten MTU aller Schicht-2-Teilstücke im Pfad. Die PMTU kann automatisch durch PMTU Discovery (PMTUD) ermittelt werden.

Beispiel Brief[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Konzept der MTU kann auf den Briefverkehr adaptiert werden. Ein Kompaktbrief darf maximal 50 g wiegen. Zum Transport benötigt der Brief einen Briefumschlag z. B. 4 g und eine Briefmarke 0,3 g. Diese 4,3 g entsprechen der Größe der Sicherungsschichtheader. Daraus ergibt sich, dass die MTU (der maximale Inhalt für einen Kompaktbrief oder Packet Size) 50 g – 4,3 g = 45,7 g beträgt. Will man mehr Gewicht verschicken, muss man auf ein anderes Protokoll (einen Großbrief mit mehr Porto) ausweichen oder den Inhalt auf mehrere Briefe aufteilen, also fragmentieren.

Beispiel Ethernet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Ethernet Frame besteht aus zwei Teilen: dem „Header“, in dem Quell- und Zieladressen und andere wichtige Parameter für den Versand kodiert sind, und der Nutzlast, deren Größe durch die MTU bestimmt ist.

In diesem Versuch ist die Größe der MTU mit 1500 Byte vorgegeben. Mit Hilfe des ping-Programmes wird ein „Frame“ erzeugt, der dann im Netzwerk über das Ethernet-Protokoll versendet wird. Die Verwendung des Begriffes Nutzlast ist hier mehrdeutig, da im OSI-Modell die verschiedenen Protokolle ineinander eingepackt (gekapselt) werden. Der im Versuch verwendete Linux-Befehl ping -s 1472 10.0.0.1 (Windows-Befehl ping -l 1472 10.0.0.1) sendet dann ein ICMP-Paket mit der Nutzlast von 1472 Bytes an die IP-Adresse 10.0.0.1.

# ping -f -s 1472 10.0.0.1
          1472 bytes Nutzlast des ICMP-Protokolles (Vermittlungsschicht)
        +    8 bytes ICMP-Header (Vermittlungsschicht)
        +   20 bytes IPv4-Header (Vermittlungsschicht)
       -------------
        = 1500 bytes (Nutzlast von Ethernet)
        +   14 bytes (Header der Sicherungsschicht)
        +    4 bytes (Frame Check Sequence)
       -------------
        = 1518 bytes (kompletter Ethernet Frame)

Mit einem Sniffer wie z. B. Wireshark wird als Ethernet Header nur die Größe von 14 Byte angezeigt. Hierzu kommt noch die 4 Byte große Frame Check Sequence am Ende des Frames. Falls VLANs verwendet werden, besteht der Header der Sicherungsschicht aus 18 Byte und der gesamte Ethernet Frame kann eine Größe von bis zu 1522 Byte annehmen. Würde IPv6 verwendet, änderte sich obige Berechnung dahingehend, dass der IPv6-Header der Vermittlungsschicht 40 statt 20 Byte beträgt und damit statt 1472 Byte ICMP-Nutzlast nur 1452 Byte möglich wären.

Zum Prüfen der MTU eines Pfades ist es hilfreich, dem ping-Programm vorzugeben, das „don’t fragment (DF) bit“ für die Testpakete im IPv4-Header zu setzen (für Linux z. B. ping -M do -s 1472 10.0.0.1, für Windows: ping -l 1472 -f 10.0.0.1 ), denn dann erhält man eine Nachricht, falls die MTU überschritten wird. Leicht sichtbar machen lässt sich die Path MTU mit dem Programm tracepath für IPv4 bzw. tracepath6 für IPv6.

Einfluss auf andere Protokolle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die MTU ist ein hardwareabhängiger Wert, der sämtliche Parameter oberhalb der Sicherungsschicht des OSI-Modells beeinflusst. Am Beispiel Ethernet ist dies einfach erklärt: In diesem Netzwerk werden sämtliche Pakete der Schicht 3, beispielsweise IP-Pakete, in „Ethernet-Frames“ übertragen. Die Nutzdaten dieses Ethernet-Frames (d. h. die IP-Pakete) dürfen den MTU-Wert nicht übersteigen. Die Länge der TCP-Nutzdaten (Maximum Segment Size) wird daher aus der MTU direkt berechnet.

Andere Beispiele und Probleme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jumbo Frames für Gigabit Ethernet können deutlich mehr als 1518 Oktette beinhalten und damit ist es möglich, größere Pakete unfragmentiert zu übertragen. Positiv wiegt, dass der Protokoll-Overhead bei der Verwendung von Jumbo Frames reduziert werden kann und Router weniger Pakete behandeln müssen. Allerdings ist die Terminologie bzgl. MTU derart uneinheitlich unter den Herstellern, dass es in der Praxis schwierig ist, von den Standardeinstellungen abzuweichen. Des Weiteren sind Jumbo Frames nicht im IEEE-802.3-Standard spezifiziert, trotzdem unterstützen die meisten Hersteller von Gigabit Ethernet Switches und Routern MTUs bis 9000 Oktette. So hat sich als Quasistandard eine Path MTU um ca. 1500 Byte im Internet eingebürgert, die durch das weit verbreitete Ethernet sowieso meist nicht überschritten werden kann.

Mit dem Aufkommen von Internetzugängen, die auf Tunnelprotokollen basieren, zum Beispiel beim Verbindungsaufbau über das PPPoE-Protokoll hat die MTU an Bedeutung gewonnen. Obwohl die PMTUD in diesem Fall dafür sorgen soll, dass die Kommunikation trotz der durch den Tunnel abgesenkten MTU möglich ist, gibt es immer wieder fehlkonfigurierte Firewalls, die durch Verwerfen von ICMP-Steuerpaketen die PMTUD stören. Auch große Websites sind oft von diesem Konfigurationsfehler betroffen, sodass die Nutzer von getunnelten Zugängen die MTU ihrer Geräte verkleinern müssen, um auch mit diesen Sites kommunizieren zu können.

Über die optimale MTU gibt es viele Diskussionen. Kurz zusammengefasst:

  • einfache Optimierung: so groß wie möglich, ohne dass Probleme auftreten
  • komplexe Optimierung: so viel kleiner als o. g. Maximum, dass der Verschnitt der Transportzellen der unter der DSL-Schicht liegenden ATM-Transportschicht möglichst klein wird.

Die MTU bei ATM (4500) ist nicht zu verwechseln mit der Zellengröße (53 Bytes, 48 davon Nutzlast). Bei der Übertragung über einen ATM-Link werden IP-Pakete in Stücke zu je 48 Bytes zerlegt und für die Übertragung auf mehrere ATM-Zellen verteilt. Der Router am anderen Ende des ATM-Links sammelt diese Zellen und setzt das ursprüngliche IP-Paket wieder zusammen. Im Gegensatz dazu wird bei der IP-Fragmentierung das Paket nicht vom Router reassembliert, sondern erst von dem Host, für den das Paket bestimmt war.

Probleme, die durch einen falschen MTU-Wert auftreten können, sind Webseiten, die gar nicht oder nur teilweise angezeigt werden.[1]

Abweichende Verwendung des Begriffs bei wichtigen Herstellern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Routerhersteller Cisco und Juniper verwenden den Begriff MTU in ihrer Konfigurationssyntax als maximale Rahmen- bzw. Paketgröße der zu konfigurierenden Netzwerkschicht. Folgende Einstellungen entsprechen einander. Bei beiden Herstellern bedeutet das erste Auftauchen des Begriffs die maximale Ethernet Rahmengröße und nicht die maximale Größe der Nutzlast (Maximum Segment Size) und diese muss folglich einige Byte größer gewählt werden als die dann folgenden Einstellungen für die verschiedenen Schicht-3 Protokolle.

Cisco:

interface GigabitEthernet2/3
 mtu 9192
 ip address 192.168.0.1 255.255.255.252
 ip mtu 9000
 ipv6 address 2001:DB8::1/64
 ipv6 mtu 8000
 ipv6 router isis
 clns mtu 1497
!

Juniper:

interfaces {
    ge-0/0/0 {
        mtu 9192;
        unit 0 {
            family inet {
                mtu 9000;
                address 192.168.0.2/30;
            }
            family inet6 {
                mtu 8000;
                address 2001:DB8::2/64;
            }
            family iso {
                mtu 1497;
            }
        }
    }
}

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • RFC 791 – INTERNET PROTOCOL. September 1981 (englisch).
  • J. Postel: RFC 879 – The TCP Maximum Segment Size and Related Topics. November 1983 (englisch).
  • J. Mogul, S. Deering: RFC 1191 – Path MTU Discovery. November 1990 (löst RFC 1063 ab, englisch).
  • J. McCann, S. Deering, J. Mogul: RFC 1981 – Path MTU Discovery for IP version 6. August 1996 (englisch).
  • K. Lahey: RFC 2923 – TCP Problems with Path MTU Discovery. September 2000 (englisch).
  • Dr. TCP, eine Software zum Einstellen der MTU unter Windows, ursprünglich für DSL-Nutzer geschrieben.
  • MTU, eine weitere Software (Freeware) zum Einstellen der MTU unter Windows.
  • Analysing TCP Header Options – Section 6 – Ausführliche Erklärung der MTU und MSS

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Optimale MTU Groesse bestimmen. In: Markus Hanf, vpntester.de. 3. September 2018, abgerufen am 16. Oktober 2019.