Phalsbourg

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Phalsbourg
Phalsbourg (Frankreich)
Phalsbourg (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département (Nr.) Moselle (57)
Arrondissement Sarrebourg-Château-Salins
Kanton Phalsbourg
Gemeindeverband Pays de Phalsbourg
Koordinaten 48° 46′ N, 7° 15′ OKoordinaten: 48° 46′ N, 7° 15′ O
Höhe 200–384 m
Fläche 13,15 km²
Einwohner 4.683 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 356 Einw./km²
Postleitzahl 57370
INSEE-Code
Website Phalsbourg

Rathaus (Hôtel de ville)

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Phalsbourg (ältere Ortsbezeichnungen sind deutsch Pfalzburg (1576), Phaltzbourg (1589), Pfaltzbourg (1591), Pfalzburgum (1751)[1], Pfalzburg (1751) und (1871–1918), lothringisch Polsbuerj) ist eine französische Kleinstadt mit 4683 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Moselle in der Region Grand Est (bis 2015 Lothringen). Sie wurde 1568 von Georg Johann I. von Pfalz-Veldenz als Zufluchtsort für in Frankreich verfolgte Hugenotten gegründet. Die Straßenverbindung Paris – Straßburg führte früher durch Pfalzburg. Die Stadt hat daher nur zwei Tore: das Französische Tor im Westen und das Deutsche Tor im Südosten.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kleinstadt liegt etwa 50 Kilometer nordwestlich von Straßburg und 65 Kilometer südöstlich von Saarbrücken am Fuß der Vogesen, die hier an der schmalsten Stelle von der Zaberner Steige überwunden werden. Nördlich von Phalsbourg verläuft die Autoroute A4 Paris–Straßburg (Autoroute de l’Est), die hier einen Anschluss hat.

Zu Phalsbourg gehören die Ortsteile

  • Buechelberg (dt. Büchelberg) im Norden
  • La Roulette (dt. Rollweiler) im Osten
  • Bois-de-Chênes (dt. Eichwälder) und Trois-Maisons (dt. Dreihäuser) im Süden
  • Les Maisons Rouges (dt. Rothhäuser) im Westen

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pfalzburg 1690 (Federzeichnung)

Georg Johann I. von Pfalz-Veldenz rief 1568 zur Gründung der Stadt Pfalzburg auf und erhielt für seinen Ort am 27. September 1570 von Kaiser Maximilian Stadtrechte. Die ersten Ansiedler waren Protestanten aus Lothringen. Neben dem Flecken bestand noch bis 1680 die Vorgängersiedlung Einarzhausen. Georg Johann verpfändete 1583 die neue Stadt mit dem Amt Einarzhausen an Herzog Karl III. von Lothringen. Der hoch verschuldete Georg Johann konnte die verpfändete Stadt nicht mehr auslösen; so fiel sie nach Ablauf der Rückerwerbsfrist zum 1. Oktober 1590 an das katholische Herzogtum Lothringen und fand sich als einzige protestantische Enklave im sehr religiösen Herzogtum Lothringen wieder. Die reformierten Pfalzburger waren misstrauisch gegenüber ihrem neuen Herrn, trotz dessen Versprechen, sie „in der Religion zu halten, zu der sie sich bisher bekannten“. Wenn Karl III. seine Versprechen hielt, so änderten sich die Zeiten jedoch ab 1608 bei seinem Nachfolger Heinrich II., der es nicht duldete, dass Untertanen seines Herzogtums in der reformierten Religion verblieben. Für die Einwohner von Pfalzburg stellte sich daher die Frage: Exodus oder Bekehrung. Viele wählten den Exodus und wanderten nach Bischwiller aus, dem Asylland, das dem protestantischen Herzog von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld gehörte.[2]

Heinrich II. förderte seinen Günstling Louis de Guise, unehelicher Sohn des Kardinals Louis II. de Lorraine-Guise, erster Ehemann von Henriette von Lothringen. Auf dessen Betreiben hin wurde sein Günstling 1629 zum „Prince de Lixheim et de Phalsbourg“ ernannt. Der Ort war daher von 1629 bis 1660 Mittelpunkt des „Fürstentums Pfalzburg“.[3] Durch den Frieden von Vincennes kam er dann 1661 an Frankreich und wurde ab 1679 durch den französischen Baumeister Vauban militärisch befestigt.

Phalsbourg 1850 (Federzeichnung, aquarelliert auf Pergament)

Im Deutsch-Französischen Krieg hielten die Vaubanschen Befestigungen der preußischen Belagerung vier Monate stand, bevor die Stadt im Dezember 1870 erobert wurde. Nach dieser Eroberung sind die Pfalzburger Straße (Bremen) und die Pfalzburger Straße (Berlin) benannt.

Durch den Frankfurter Frieden vom 10. Mai 1871 wurde die Region an das neu gebildete deutsche Reichsland Elsaß-Lothringen abgetreten, und die Stadt wurde dem Kreis Saarburg im Bezirk Lothringen zugeordnet. Die Befestigungsanlagen wurden im Sommer 1872 geschleift.[3] In der Folgezeit der Ort Garnison für mehrere militärische Verbände; darunter auch das 4. Lothringische Infanterie-Regiment Nr. 136.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam die Stadt wie die gesamte Region aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags 1919 an Frankreich zurück. Der Bezirk Lothringen blieb in seinen geographischen Ausmaßen erhalten, wurde jedoch in Département Moselle umbenannt.

Im Zweiten Weltkrieg war die Region von der deutschen Wehrmacht besetzt. Die Stadt wurde dem deutschen Gau Westmark angegliedert. Am 23. November 1944 wurde die Stadt von der 7. US-Armee eingenommen.

1953 bauten die amerikanischen Streitkräfte eine Militärbasis in der Nähe der Stadt auf, die Base aérienne de Phalsbourg-Bourscheid, die 1966 nach dem Abzug der Amerikaner an die französischen Streitkräfte überging und heute unter dem Namen Camp La Horie als Basis für eine Kampfhubschraubereinheit des französischen Heers dient.

Die jüdische Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen 1680 und 1691 erlaubte der Minister Louvois von Ludwig XIV. zwei jüdischen Familien in Phalsbourg zu wohnen. Die Zahl stieg auf 12 Familien im Jahr 1770. Die Juden wurden mehrmals von Ausweisungen bedroht oder ausgewiesen, konnten aber immer wieder nach kurzer Zeit zurückkehren. Die Juden erhielten 1772 ein „Patent“, eine königliche Verfügung, die sie schützte. 1772 wurde die Synagoge erbaut, 1857 wurde der Neubau eingeweiht. Das Gebäude hat die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg überlebt, die jüdische Gemeinde nicht. Von 1807 bis ca. 1920 war Phalsbourg Sitz eines Rabbinats, auch für die umliegenden Gemeinden Sarrebourg, Mittelbronn, Lixheim, Schalbach, Bourscheid und Metting. Zwei bedeutende Rabbiner waren Mayer Heymann (1827–1837) und Lazare Isidor (1837–1847), der später Großrabbiner von Frankreich wurde.[4] Die Synagoge ist in schlechtem Zustand, ein Verein will sie in ein Kulturzentrum umwandeln.[5]

Bevölkerungsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anzahl Einwohner bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
Jahr Einwohner Anmerkungen
1861 3685 [6]
1871 4245 in 504 Gebäuden, darunter 317 Evangelische und 186 Juden[7] nach anderen Angaben am 1. Dezember 4328 Einwohner in 494 Häusern[8]
1872 3564 [9]
1885 3635 davon 2691 Katholiken, 795 Evangelische und 145 Juden[10]
1890 4414 [6]
1905 3716 mit der Garnison (ein Bataillon Füsiliere Nr. 99), davon 802 Evangelische und 90 Juden[11][6]
1910 3798 [6][12]
Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2007 2019
Einwohner 3343 3379 3905 3848 4189 4499 4661 4729

Die Einwohner nennen sich Phalsbourgeois.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phalsbourg ist der Ausgangsort der Tour zweier Kinder durch ganz Frankreich. Diese Geschichte ist der Inhalt des Romans „Le Tour de la France par deux Enfants“ (Die Tour de France durch zwei Kinder) von G. Bruno, eigentlich Augustine Fouillée. Dieses Buch wurde in der Dritte Französischen Republik sehr populär, es sollte die Erinnerung an die verlorenen Provinzen Elsass und Lothringen wachhalten.[13][14]

Überregionale Aufmerksamkeit bei Gourmets konnte die Fête de Foie Gras (Fest der Gänsestopfleber) erreichen, ein „kulinarisches Schaufenster“ der ehemaligen Regionen Lothringen und Elsass. Sie findet jährlich am zweiten und dritten Wochenende in der Adventszeit statt. In der örtlichen Kulturhalle, zuvor in einem edel hergerichteten Großzelt auf dem Hauptplatz, präsentieren regionale Anbieter ihre Produkte (Fleisch- und Wurstwaren aller Art, Confiserie und Pâtisserie, Edelbrände, Meeresfrüchte, Weine, Champagner und Crémant usw.), die man kaufen und auch vor Ort verkosten kann. Ins Leben gerufen wurde das Fest im Jahr 1996 von Georges Victor Schmitt, dem Patron des Phalsbourger Sterne-Restaurants Au Soldat de l’An II (ein Michelin-Stern). Veranstalter ist das Verkehrsamt der Stadt Phalsbourg.

Seit dem Jahr 1984 findet in Phalsbourg das jährliche Festival de Théâtre statt. Auf dem Place d’Armes und in den umliegenden Straßen der Altstadt treten jeweils Ende Juli bis Anfang August Theatergruppen verschiedener Genres auf (Tanztheater, Straßentheater, Musiktheater usw.).

Ende August eines jeden Jahres veranstalten die Landwirte von Phalsbourg und den umliegenden Dörfern die Fête du Terroir. An einem Sonntag werden bäuerliche und handwerkliche Arbeiten gezeigt, dazu werden nostalgische und moderne landwirtschaftliche Geräte wie auch Nutztiere präsentiert. Den Höhepunkt des Festes bildet ein Umzug durch die Innenstadt mit festlich geschmückten Wagen und Tierdressuren.

Gemeindepartnerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Immobilien-Gesellschaft Compagnie de Phalsbourg hat ihren Sitz in Paris, der Grund für den Namen ist laut dem Gründer Philippe Journo seine Bewunderung für die Gebrüder Lazard.[15]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Lang: Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch. Metz 1874, S. 159 (books.google.de).
  • Pfalzburg. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 15: Öhmichen–Plakatschriften. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1908, S. 686 (zeno.org).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Phalsbourg – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Franz Xaver Kraus: Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen. Beschreibende Statistik. Band III: Kunst und Althertum in Lothringen, Friedrich Bull, Straßburg 1886, S. 842–843 (books.google.de).
  2. Mairie de Phalsbourg (Informationen der Gemeinde), www.phalsbourg.fr, abgerufen am 5. November 2022
  3. a b C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 68 (books.google.de).
  4. Antoine Schrub: Phalsbourg. In: Judaïsme d'Alsace et de Lorraine. 2024, abgerufen am 25. März 2024 (französisch).
  5. Synagogue de Phalsbourg en Moselle. In: Fondation du Patrimoine. 2023, abgerufen am 25. März 2024 (französisch).
  6. a b c d Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 10. Mai 2023.
  7. Georg Lang: Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch, Metz 1874, S. 159,
  8. C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 68.
  9. Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Spalte 47.
  10. Anonymes Mitglied des Katholischen Volksvereins: Die konfessionellen Verhältnisse an den Höheren Schulen in Elsaß-Lothringen. Statistisch und historisch dargestellt. Straßburg 1894, S. 47.
  11. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 15, Leipzig/Wien 1908, S. 686; nach anderen Angaben 3721 Einwohner
  12. Pfalzburg, Lothringen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912.
  13. Le tour de la France par deux enfants. Belin Éditeur, 1985, abgerufen am 14. Dezember 2022 (französisch).
  14. Le tour de la France par deux enfants. Éditions Conspiration, 2020, abgerufen am 14. Dezember 2022 (französisch).
  15. PHILIPPE JOURNO: “GIVING JUST MAKES YOU BETTER”. Société Générale, 2024, abgerufen am 24. März 2024 (englisch).